Reisetagebuch Namibia (light)

 

 

7. Januar 2011

Freitag

Saarhölzbach

Die Räder stehen zwar schon fertig eingepackt im Keller, aber irgendwie kann ich es noch nicht glauben, dass wir uns nach drei Jahren Abstinenz wieder auf den Weg machen, um ein neues Land mit dem Rad zu erkundigen.

Momentan bin ich nicht in der Lage, mir eine Rad- und Zelttour durch Namibia vorstellen zu können. Und das, obwohl ich mich seit Simbabwe nach der Landschaft von Südafrika sehne. Bedenken wegen der langen Nächte nur auf der Isomatte? Die wilden Tiere? Oder etliche Radkilometer?

Keine Ahnung – tausend Gedanken hindern mich am Einschlafen, während Peter schon lange vor sich hin schlummert.

Irgendwann schlafe ich dann doch ein, vom lauten Rauschen unseres Baches begleitet, der vor lauter Hochwasser fast über die Ufer tritt.

 

 

 

10. Januar 2011

Montag

Saarhölzbach – Frankfurt

 

Meine Nacht ist heute morgen schon um 7.00 Uhr beendet, denn ich kann nicht mehr schlafen. Um 11.00 Uhr räumen wir endlich Radkisten, Rucksäcke und Handgepäck in Peters Auto und fahren dementsprechend vollgepackt zum Bahnhof. Schon beim Einsteigen in den Zug merke ich, dass ich mit meinem Gepäck alleine nicht so gut klarkomme – zusammengerechnet wiegen Rad, Rucksack und Handgepäck mehr als ich!

Im Bummelzug geht es bis nach Saarbrücken, dort müssen wir dann umsteigen. Nun geht es ohne weitere Unterbrechung bis nach Frankfurt zum Flughafen – wir sitzen noch 2,5 Stunden im Zug.

Auf dem Flughafen angekommen haben wir die bisher größte Hürde zu meistern: wir müssen vom Bahnhof zum Check-in kommen. Schnell haben wir uns zwei Gepäckwagen organisiert, der leichteste Teil bei der Sache. Etwas später kommen wir dann an die erste Rolltreppe. Besorgte Mitreisende helfen mir, ein größeres Chaos zu vermeiden und den kurzfristigen Treppenstau zu beseitigen. Beim nächsten Etagenwechsel bin ich vorsichtiger und will den Fahrstuhl benutzen. Doch auch hier müssen wir feststellen, dass es sich bei unseren Kisten um Sperrgepäck handelt und wir die Maße des Aufzugs überschätzt haben. Das Einsteigen hat prima funktioniert, das Erreichen der Bedienungsknöpfe war schon eine akrobatische Einlage und beim Verlassen der Kabine ist Gewaltanwendung notwendig, um unsere Reise fortsetzen zu können!

Nach dieser grandiosen Leistung sind wir endlich auf der richtigen Etage angekommen und begeben uns nach einer kurzen Verschnaufpause zum Schalter der Air Namibia. Mit einem Schlag sind wir Gepäck und die Gepäcksorgen erst mal los.

Mit nur einer halben Stunde Verspätung heben wir ab. Nach einem iPod-Hörspiel – dem ich schon nicht mehr so ganz konzentriert zuhöre – schlafe ich ein.

 

 

 

11. Januar 2011

Dienstag

Windhoek

 

Schon um 4.00 Uhr ist meine Nachtruhe beendet, denn an den Komfort unseres Wasserbetts kommen die Flugzeugsitze nicht ran. Um 6.00 Uhr gibt es dann Frühstück und die Langeweile verfliegt. Schon aus der Luft staunen wir über die unendlichen Weiten des Landes, mit denen wir in den nächsten Wochen konfrontiert werden.

Nach einer ungewohnten, extrem sanften Landung geht es über eine Treppe nach draußen und wir sind im Sommer angekommen. Die Sonne strahlt von einem blauen Himmel und wir schätzen die Temperatur so früh am Morgen auf etwa 30 Grad im Schatten, den es aber hier auf dem Rollfeld nirgends gibt.

Der Flughafen von Windhoek ist winzig klein, doch die Formalitäten ziehen sich endlos in die Länge, hier hat man Zeit. An fast allem ist etwas auszusetzen – so auch an Peter, der seinem Passfoto von vor 10 Jahren wirklich nicht mehr ähnelt.

Etwas später stehen wir dann draußen und staunen, denn auch unser Gepäck und die Radpappkisten haben alles heil überstanden. Wir stehen vor dem nächsten Problem, denn der Flughafen liegt 30 Km vor Windhoek und die zahlreichen kleinen Taxis funktionieren mit unserem Gepäck nicht. Dreiste Taxifahrer bieten uns zwei Autos zum dreifachen Preis an. Ich gehe zurück zur Flughafeninformation und bestelle ein Minibus aus der Stadt, der zu einem angemessenen Preis fährt.

Unser Fahrer versucht, den Streckenrekord bis in die Stadt zu brechen und ich bin froh, nur in der zweiten Reihe zu sitzen. Es gibt keine Bremsmanöver und selbst als sich ein Rudel Paviane auf der Straße breit macht, wird getestet, wer die besseren Nerven besitzt. Unser Fahrer gewinnt, die Affen trollen sich. Es dauert nicht sehr lange, dann stehen wir vor unserer ausgesuchten Unterkunft.

Wir haben für die erste Nacht in Namibia ein Doppelzimmer gebucht, um erst mal Stress zu vermeiden. Wir tappen in der Mittagshitze los in die Stadt – an die Temperaturen müssen wir uns in den nächsten Tage sowieso gewöhnen.

Der Weg ins Zentrum dauert nur 15 Minuten und wir finden ihn ohne Probleme. Im Supermarkt kaufen wir frische Lebensmittel, denn in der Küche unserer Backpacker-Unterkunft können wir kochen. Nach einem längeren Orientierungslauf durch Windhoek – den wir natürlich nur gemacht haben, um uns an das Klima zu gewöhnen – kommen wir auch tatsächlich wieder am „Backpacker Unite“ an.

Den Rest des Nachmittags verbringen wir damit, unsere Radtaschen zu packen, dann wird nach einer erfrischend kalten Dusche in der Küche der Lodge gekocht. Wie schon so oft im Urlaub gibt es die guten alten Nudeln mit Tomatensoße, schließlich brauchen wir ja Kohlehydrate für unseren ersten Radtag morgen.

Den Rest des Abends verbringen wir draußen am Pool, genießen das warme Wetter und die Sonne. Peter ist früh müde und legt sich hin. Gegen 21.00 Uhr mache ich auch das Licht aus und schlafe. Der Lärm ist unbeschreiblich, draußen im Aufenthaltsraum dröhnt noch immer der Fernseher und auch der Verkehr auf der Straße ist nicht zu verachten. Nahezu ununterbrochen fahren Autos direkt an der Lodge vorbei. Ich schlafe zwar gut, aber immer wieder mit Unterbrechungen.

 

 

 

12. Januar 2011

Mittwoch

Okahandja

86 Km

 

Schon um halb sieben werden wir wach – es ist hell und draußen ist das Leben bereits in vollem Gange. Wir bereiten uns das Frühstück in der Gemeinschaftsküche zu und stellen fest, dass im Moment kein fließendes Wasser vorhanden ist. Glücklicherweise haben wir unsere Trinkwasservorräte für die Radtour schon gestern abend aufgefüllt, mit gutem Gewissen und vollen Provianttaschen können wir aufbrechen.

Auf den ersten Metern ist es schwierig, mit den vollbepackten Rädern zu fahren. In unkontrollierten Schlangenlinien bewegen wir uns über die Straße, die wenigen Autofahrer, die uns am Anfang begegnen, beäugen uns misstrauisch. Wir können uns vorstellen, was die über uns denken.

Nach einer großen Brücke sind wir dann endlich auf unserem Weg. Wir haben vor, heute etwa 75 Km zu fahren – bis zur Straußenfarm hinter Okahandja. Die Strecke ist bis jetzt ziemlich flach und wir merken unser Gewicht kaum. Direkt hinter Windhoek fahren wir auf eine Art Autobahn auf, so richtig mit Beschleunigungsstreifen und zwei Fahrspuren pro Richtung. Kein Verbotsschild für Radfahrer, leicht verunsichert fahren wir weiter. Bei uns gibt es nichts zu Beschleunigen, mit 25 Km/h fahren wir auf die Autobahn auf und bewegen uns zielstrebig nach Norden, die Sonne heizt uns dabei ordentlich ein.

Nach 30 Km machen wir die erste Pause unter einem schattigen Baum. Ohne den Fahrtwind steigen die Temperaturen sofort um einige Grade, Schweiß trieft aus den Poren!

Nach der Pause müssen wir feststellen, dass Hintern, Beine und die Kraft mittlerweile doch ziemlich in Mitleidenschaft gezogen sind, die Anfangsbegeisterung hat uns ein Schnäppchen geschlagen.

Die nächsten Kilometer pausieren wir in 10er Schritten. Mittlerweile haben wir auch unseren ursprünglichen Plan verworfen, die Straußenfarm heute noch zu erreichen. Statt dessen wollen wir zwei Kilometer vor Okahandja zum „Van Bach Camp“ abbiegen, dass etwa zwei Kilometer von der Hauptstraße entfernt über eine Schotterpiste zu erreichen ist. Der Platz soll sehr schön an einem schattigen Stausee liegen.

Die Ernüchterung erfolgt schlagartig an der Abzweigung: unsere Schotterpiste führt auf den ersten 400m so steil nach oben, dass Fahren unmöglich und Schieben mit Pausen sehr anstrengend ist. Schweißgebadet kommen wir nach sehr vielen Pausen zwei Kilometer später auf der Kuppe des Berges an.

Als wir nach dem Campingplatz fragen und die Frau am Tor uns sagt, dass dieser im Moment wegen Renovierung geschlossen ist, breche ich völlig erschöpft und frustriert erst mal in Tränen aus. Wir waren fest davon überzeugt, am Ziel zu sein. Die Sonne hat uns heute gegrillt, Peter legt sich flach auf den Boden neben das Rad. Nach etwa einer Stunde Pause brechen wir demotiviert wieder auf.

Viel später dann kommen wir endlich auf der Hauptstrasse an und kämpfen uns die restlichen zwei Kilometer weiter bis Okahanjda. Freundliche Deutsche auf der Straße haben uns den Tip gegeben, dort zum Reitclub zu fahren, die wären günstig und deutschen Gästen gegenüber sehr freundlich. Wieder haben wir Pech, die Besitzer sind in Urlaub. Ein junges Mädchen schlägt uns die Okahandja-Lodge vor – noch ein paar hundert Meter weiter nach Norden.

Frustriert und erschöpft radeln wir noch einmal los. Dem Donnergrummeln nach zu urteilen braut sich über uns ein Gewitter zusammen. Bei unserem dritten Versuch für heute haben wir dann endlich Glück: auf dem hiesigen Campingplatz finden wir Asyl.

Wir müssen noch ziemlich weit durchs Gelände fahren, bis wir an den idyllischen Platz mit Gras und vielen Bäumen kommen. Außer uns wohnt noch eine Familie mit zwei kleinen Kindern hier im Zelt.

Es fängt an zu tropfen, während ich das Zelt aufbaue. Peter hat mittlerweile das Gepäck abgebaut und sich ohne Zusatzgewicht mit dem Rad noch mal auf den Weg zum Supermarkt im Dorf gemacht. Als er mit Bier und Milch zurückkommt, habe ich alles aufgebaut und eingeräumt – keine Sekunde zu früh!

Es schüttet wie aus Kübeln, Blitz und Donner kommen hinzu. Als Peter zurück ist, fangen wir an zu kochen. Seit langem gibt es mal wieder Travellunch zu essen. Wir sitzen auf der überdachten Picknickbank, draußen regnet es. Etwas später – wir sind schon bereit, um schlafen zu gehen – kommen unsere Platznachbarn aus Südafrika und bringen uns frisch gegrillte Würstchen im Brot und etwas später noch eine Tasse Milchkaffee für jeden. Wir sind fasziniert von soviel Hilfsbereitschaft.

Nach dem üppigen Mahl gehen wir dann früh schlafen, denn wir sind beide ziemlich kaputt von der langen Fahrt heute. Der Regen trommelt uns in den Schlaf, exotisch begleitet von den uns noch fremden Tiergeräuschen. Zum ersten Mal hören wir den „Go-away-Bird“, der von uns nur „Bäääh-Vogel“ genannt wird, weil es sich genauso anhört. Noch wissen wir nicht, dass dieser Vogel uns in den nächsten Nächten zu Seite stehen wird, egal wie spät.

 

 

 

13. Januar 2011

Donnerstag

Omatozu Farm,

30 Km

 

Als wir heute morgen wach werden, regnet es schon nicht mehr und unser Zelt ist trocken. Eigentlich fühle ich mich unheimlich platt, als wir auf die Räder steigen – und das, obwohl ich noch keinen einzigen Kilometer zurückgelegt habe. Ziemlich zäh rollen wir los und müssen noch auf dem Lodge-Gelände zum ersten Mal anhalten, da uns eine Minischildkröte genau vor die Räder läuft.

Die folgenden Kilometer gehen nun ständig leicht berghoch. Zehn Kilometer später haben wir den Abzweig zur Straußenfarm „Ombo“ erreicht. Mal wieder müssen wir lange über sandige Piste fahren, bis wir den eigentlichen Eingang erreicht haben.

Wir sehen uns die Tiere an und bekommen alles auf deutsch erklärt. Neben den handzahmen Straussen gibt es hier auch zwei zahme Warzenschweine, riesige Schildkröten und Adam, das kleine Krokodil. Mit getrockneten Maiskörnern können wir die Straussen aus der Hand füttern.

Später kämpfen wir uns über die sandige Piste hoch bis auf die Hauptstraße und können dann sogar bis zur nächsten Steigung rollen lassen.

Doch als es dann wieder berghoch geht, sagen mir die Oberschenkel, dass die eigentlich gar nicht mehr weiter wollen – lassen sich auch mit Magnesium nicht überreden! Nun geht es nur noch in 5-Km-Etappen weiter. Mittlerweile ist uns klar, dass wir heute kein bestimmtes Ziel mehr erreichen werden, denn das Wetter ist gnadenlos und wir noch nicht so richtig akklimatisiert. Die Straße ist gesäumt von Farmland, Zäume, so weit das Auge sieht! Ab und zu sehen wir ein Eingangstor zu einer Farm, und als wir mal wieder an so einem Tor vorbeifahren, steht dort ein Auto und ein Mann kommt auf uns zu.

Er fragt uns, wo wir denn so spät noch hin wollten, und dass auch sie Campingmöglichkeiten hätten , wir sollten doch da bleiben und bei ihnen übernachten. Als ich nach dem Preis frage, winkt die Frau ab und sagt uns, dass sie uns einladen. Soviel Freundlichkeit können wir unmöglich ablehnen. Die „Engel“, die wir getroffen haben, bieten uns ein luxuriös eingerichtetes Zelt an und wollen wirklich keine Bezahlung haben.

Nachdem wir Räder und Gepäck an dem feststehenden Zelt abgestellt haben, laden sie uns in ihr Auto und nehmen uns mit zu sich nach Hause, einem weiteren Haus ein paar Autominuten entfernt. Hier bekommen wir im kühlen Wohnzimmer etwas kaltes zu trinken und auch erste Informationen über unsere Gastgeber. Die Beiden hatten bis jetzt eine private Jagdfarm, die sie nun der Öffentlichkeit zugänglich machen wollen. Es gibt drei Luxuszelte mit gemauertem Bad, Strom , richtigen Möbeln und Terrasse, nebenan auf dem normalen Campingplatz am Wasserloch vier Stellplätze mit eigenen Badblöcken. Überall kann man die wilden Tiere beobachten, von denen es auf dem Gelände viele gibt.

Später werden wir von Arthur zurück zu unserer luxuriösen Unterkunft gefahren, damit wir uns duschen und ausruhen können. Ich komme mir ein bisschen wie Aschenputtel vor, als ich unter der warmen Dusche stehe und mich wenig später mit einem sauberen Handtuch abtrockne. Duftzerstäuber sorgen für einen angenehmen Duft im Bad. Ein richtiger Spiegel an der Wand zeigt, dass unser Äußeres während der letzten Radetappen schon ziemlich gelitten hat. Die Haut ist faltig, trocken und braun.

Im Laufe des Nachmittags zieht sich der Himmel wieder zu und es grummelt, mal wieder sieht es nach Gewitter aus. Später am Abend kommt uns dann Arthur abholen. Wir fahren wieder zurück zum Haupthaus. Carla hat für uns mitgekocht, auf dem Tisch stehen vier Flaschen Bier. Zum Essen sitzen wir im offenen Wintergarten mit direktem Blick auf das Wasserloch. Vor uns tummeln sich Impalas, Springböcke und Kudus.

Wir sitzen lange zusammen, genießen einen wunderschönen Sonnenuntergang, und trinken Amarula. Es ist schon dunkel, als uns Arthur wieder zurück zum Camp fährt. Um halb zehn legen wir uns im offenen Zelt, vom Moskitonetz geschützt, in die breiten Betten – Luxus pur!

Wer hätte heute morgen gedacht, dass der Tag so enden würde. Mal wieder singt uns Namibias Tierwelt in den Schlaf, hauptsächlich komische Vögel, die hier nachts scheinbar nicht schlafen. Es dauert lange, bis ich endlich einschlafen kann, ich bin fasziniert von der Gastfreundschaftlichkeit, die für uns Deutsche eher fremd ist. Wer würde bei uns schon jemand völlig Fremden auf der Straße auflesen und im Wohnzimmer zum Getränk und anschließend zum Übernachten einladen?

 

 

 

14. Januar 2011

Freitag

Wewelsburg Zeltplatz (Omatako)

69 Km

 

Heute morgen stehen wir schon um 6.15 Uhr auf, denn Carla will uns Frühstück bringen. Wir essen auf der Terrasse. Nach dem Frühstück verabschieden wir uns von den Beiden. Sie wollen wirklich kein Geld für Übernachtung und Essen haben. Wir bedanken uns für die Gastfreundschaft, versprechen, das Camp publik zu machen und packen anschließend unsere Räder. Der Himmel ist bewölkt, als wir uns auf den Weg machen, das Wetter ist optimal zum Radfahren.

Gut ausgeruht laufen die Kilometer heute fast von alleine. Wir sind sehr früh unterwegs und sehen sehr viel Wild. Doch auch die weniger beliebten Tiere lassen sich heute sehen: viele Schlangen – tote und lebendige – in allen Variationen und sogar ein großer Skorpion, der gerade die Straße überquert.

Klüger geworden gehen wir unsere Tagesetappe heute langsamer an, fahren nur einen Schnitt von 19 Km/h und nutzen die schattigen Rastplätze, um dort Pausen zu machen.

Kurz vor unserem heutigen Etappenziel – wir wissen noch nicht so ganz genau, wo es sich befindet – haben wir noch eine Steigung zu bewältigen, und natürlich scheint genau in diesem Moment die Sonne. Eigentlich haben wir laut Landkarte nur noch etwa drei Kilometer zu fahren, doch wir müssen noch einmal eine „Rastbaumpause“ machen, um wieder zu Kräften zu kommen.

Das erste, was wir auf der Sandpiste zur deutschen Farm sehen, ist ein Warzenschwein, ein paar Meter weiter dann auch ein erstes Erdmännchen, das uns vorwitzig aus seinem Loch heraus anschaut.

Der schattige Campingplatz befindet sich direkt neben dem Haupthaus, nach einer kurzen Begrüßung bleiben wir erst mal alleine. Fast – denn die Pfauen haben uns entdeckt und sind sehr an unserem Gepäck interessiert. Ich gehe duschen, während Peter sich noch mal mit dem Rad auf den Weg macht, um im nahe gelegenen Dorf einzukaufen, das auf unserer Landkarte eingezeichnet ist.

Während ich anschließend im Schatten sitze und den Reiseführer studiere, bin ich umringt von Tieren. Etwas später kommt dann noch ein anderes Auto auf den Hof gerollt, englisch sprechende Namibier, die aber ziemlich weit von uns entfernt parken.

Peter kommt viel später von seiner Einkaufstour zurück – erfolglos! Das Dorf scheint nur auf unserer Landkarte zu existieren, in der Realität gab es 10 Km Buschland ohne einen Menschen. Also gibt es heute mal wieder Travellunch und Tee. Während ich unser Gemüserisotto koche, unterhält sich Peter mit unseren Nachbarn. Die Namibier entpuppen sich als Dänen mit Mietauto und erzählen uns, dass es hier in der Nähe ein Wasserloch gibt, nur eine halbe Stunde vom Camp entfernt.

Motiviert wandern wir los, quer durch den Busch. Wir sehen viele Warzenschweine mit Jungen, Impalas und Springböcke, während wir über das Farmgelände wandern. Das Wasserloch finden wir erst auf dem Rückweg – eine eingetrocknete Senke, in der bei Regen wohl auch Wasser steht. Der Boden ist hier üppiger bewachsen als sonst wo, Tiere sehen wir keine in den Büschen. Die Sonne ist schon am untergehen, als wir nach einer Stunde zum Camp zurückkommen. Es sieht nach Regen aus, die Luft ist noch immer sehr heiß. Begeistert kommen die Dänen zu uns und fragen, ob wir auch den großen Leopard gesehen hätten. Wir sind verwundert. Schnell werden wir aufgeklärt, dass der Farmbesitzer, der in der Nähe des Wasserlochs an uns vorbeigefahren ist, etwas später einen Leopard direkt am Weg gesehen hat. Wir sind erschrocken, doch mal wieder bekommen wir zu hören, dass die Großkatze für Menschen ungefährlich ist, solange man sie in Ruhe lässt.

Unsere Plauderrunde setzt sich am Auto der Dänen fort, als die uns mittellosen Radfahrern Bier aus ihrem Kühlschrank anbieten. Wir sitzen gemütlich zusammen und erzählen uns gegenseitig Erlebnisse aus vergangenen Reisen.

Im Laufe des Abends zieht sich der Himmel immer mehr zu und es fängt an zu regnen: Blitz, Donner, Platzregen! Schade, da es hier keine überdachte Sitzmöglichkeit gibt, flüchtet jeder in sein Zelt. Wir spielen noch zwei Runden Carcassonne, dann ist es höchste Zeit zum schlafen gehen.

 

 

15. Januar 2011

Samstag

Weaver´s Rock

75 Km

 

Heute morgen werden wir schon um 6.00 Uhr wach, denn die Hähne und Pfauen haben schon lange ausgeschlafen und wir können sie einfach nicht mehr ignorieren. Das Wetter hat sich wieder zum Positiven gewendet und wir sehen einen strahlend blauen Himmel über unserem Zelt – heute scheint es extrem sommerlich zu werden!

Während wir frühstücken und Kaffee trinken, bauen wir schon das Zelt ab und packen die Räder. Kurz bevor wir aufbrechen, bringen und die Dänen Äpfel und Bananen als Proviant für unterwegs. Wir verabschieden uns herzlich und ziehen dann los.

Die Sonne brennt schon um 8.00 Uhr ziemlich heiß und verspricht uns einen anspruchsvollen Radtag. Leider ist unsere Strecke heute alles andere als abwechslungsreich.

Der Mangel an Schatten führt auch dazu, dass wir unsere erste Pause erst nach 30 Km machen. Schon ziemlich müde und überhitzt setzen wir uns im Schatten eines einzelnen Baumes einfach auf den Boden, werfen unsere extremen Vorsichtsmaßnahmen bezüglich stechender und beißender Tiere über Bord, weil es so weniger anstrengend ist.

Wir rasten eine halbe Stunde, trinken viel, dann geht es wieder weiter – über eine kerzengerade Straße immer zum Horizont hin. Unser nächster Schattenbaum ist schon lange zu sehen, nach weiteren 10 Kilometern dann auch erreicht. Hier müssen wir uns unseren Baum mit einem Verkehrspolizisten teilen, der hier Radarkontrollen durchführt. Grinsend sagt er uns, dass er unsere Wahnsinnsgeschwindigkeit von 25 Km/h registriert hat.

Nach einer halben Stunde fahren wir weiter. 7 Kilometer bis zum nächsten Schattenbaum – wir können ihn schon erahnen – dann wieder die obligatorische Pause. Wir wissen vom Polizist, dass die nächsten 16 Kilometer kein Baum mehr auftauchen wird, und ruhen uns noch einmal aus, bevor wir den letzten Abschnitt in Angriff nehmen. Von anderen Campern wissen wir, dass es an der Kreuzung zum Waterberg-Plateau noch einen Zeltplatz gibt, also nicht mehr weit entfernt!

Irgendwann registrieren wir einen langen Anstieg der Straße vor uns und direkt danach ein Hinweisschild zum Campingplatz. Darauf steht, dass wir noch 7 Km geradeaus fahren müssen, dann 5 Km in Richtung Waterberg-Plateau und dann noch 5 Km auf der Farmstraße bis hin zum Haus. Wir sind völlig platt und frustriert! Kein Schatten für Pause in Sicht, die Tour heute ist schon keine Trainingsfahrt mehr, sondern gnadenlose Realität. Mittlerweile fahren wir in der prallen Mittagshitze, kein Schatten, statt dessen nur Steigung. Die Oberschenkel brennen und der Schweiß fließt in Strömen.

Die unasphaltierte Farmstraße gibt uns dann den Rest. Unendlich lange berghoch, kein Schatten, weicher Untergrund! Nach unzähligen Kurven kommen wir dann endlich am Gebäude an.

Wir werden freundlich von Mark empfangen, die deutsche Familie wohnt nun schon in der sechsten Generation hier auf Hohenfels. Der Campingplatz ist ein Traum – ganz oben auf der Bergkuppe, teils Steingarten, teils übersät mit exotischen Pflanzen. Nach einer erfrischend kalten Dusche gehen wir zum Swimming Pool. Dort lernen wir Alex aus der Schweiz kennen, der Mark bei der Arbeit auf der großen Gäste- und Rinderfarm hilft.

Mal wieder gibt es ein Gewitter und natürlich ausgerechnet, als wir wieder an unserem Zelt sind und den Benzinkocher in Gang setzen wollen. Das blöde Ding brennt nicht! Vor unserem Zelt haben wir keine Überdachung, so dass wir mit dem Kocher und dem Essen in den Aufenthaltsraum des Campingplatzes flüchten, dem ehemaligen Pferdestall.

Mit viel Überredungskunst funktioniert der Kocher irgendwann und etwas später sitzen wir trocken an einem Tisch, während es draußen gewittert und schüttet.

Den Abend verbringen wir unten im Garten und unterhalten uns mit Mark und Alex. Es ist schon spät, als wir zum Zelt hoch auf die Kuppe gehen, und es regnet noch immer. Mal wieder lauschen wir der seltsamen Geräuschkulisse, bis wir eingeschlafen sind.

 

 

 

16. Januar 2011

Sonntag

Otjiwarongo

41,6 Km

 

Auch heute morgen stellen wir den Wecker für 6.15 Uhr, denn wenn wir früh wegkommen, sind die Temperaturen noch angenehm. Ich habe die Nacht einigermaßen gut geschlafen, doch die Oberschenkel fühlen sich ziemlich müde an. Mittlerweile regnet es nicht mehr, doch der Himmel ist bedeckt und es ist relativ windig.

Etwas später kommt Alex hoch, um sich von uns zu verabschieden. Die beiden Männer müssen schon früh aufbrechen, denn auf dem großen Weideland müssen Zäune instand gesetzt werden. Wir unterhalten uns noch eine zeitlang, und als wir endlich losfahren, ist es doch mal wieder nach 8.00 Uhr.

Die Räder laufen heute morgen nicht so gut wie sonst, obwohl es noch bewölkt und relativ kühl ist. Die nächsten fünf Kilometer zurück zur B1 nach Norden geht es ziemlich bergauf, wir kommen ins Schwitzen und unsere Oberschenkel erzählen uns, dass sie heute einen Ruhetag wollen.

Es nützt nichts, wir haben uns vorgenommen, heute Otjiwarongo zu erreichen und fahren auch dort hin – egal wie! Schattenplätze finden wir auf der ganzen Strecke keine, die Parkplätze liegen in der prallen Sonne.

Die 27 Kilometer auf der Hauptstraße laufen eigentlich gut, doch das Anfahren nach den Pausen fällt schwer. Irgendwann sehen wir links von uns im Busch einen Giraffenkopf aus den Hecken ragen – Fotopause!

Neu motiviert radeln wir weiter, Otjiwarongo ist schnell erreicht. Der Ort ist riesig und ziemlich rege bevölkert. Zuerst fahren wir versehentlich zur Krokodilfarm, die Frau dort klärt uns freundlich auf, dass wir sicherer auf der anderen Seite des Zaunes auf dem richtigen Campingplatz übernachten – ich habe mich in der Adresse geirrt. Nach einer halben Runde um den Block haben wir das Camp dann auch erreicht, mal wieder sind wir die einzigsten Gäste auf dem ganzen Platz.

Wir bauen unser Zelt auf, sperren unser Gepäck drin ein und laufen zu fuß zum Einkaufsmarkt in der Mitte des Dorfes. Der Laden ist riesig, wir sind im El Dorado gelandet. Hier gibt es alles zu kaufen, was man sich nur vorstellen kann, und hungrig wie wir sind, schlagen wir auch ordentlich zu: Brot, Bratwurst, Gurke, Chips, Müsli, Bier, Saft, Salz, ein Spülschwamm, Spaghetti und noch diverse Kleinigkeiten landen in unserem Einkaufskorb.

Motiviert gehen wir zurück zum Campingplatz, um zu kochen. Peter hat kurz drauf eine Auseinandersetzung mit unserem widerspenstigen Benzinkocher, zerlegt das Ding komplett und siehe da: etwas später gibt es Pfannenwurst mit Gurkensalat und echten Brötchen. Seit langer Zeit können wir mal wieder ein richtiges Abendessen genießen, und zur Krönung gibt’s noch für jeden eine große Flasche Bier dabei.

Nach dem Essen setzen wir uns an den kleinen Pool und lassen uns von den letzten Sonnenstrahlen des Abends bescheinen, denn mal wieder ziehen Gewitterwolken auf und der Regen ist nicht mehr weit. Am Pool beobachten wir die schwarzen Wolken, die sich mit lautem Grummeln bedrohlich näher schieben. Kurz drauf befinden wir uns in dem heftigsten Gewittersturm, den wir je erlebt haben. Starke Sturmböen bringen Regen und wir flüchten in die offene Hütte neben dem Pool. Kurz drauf bricht die Hölle über uns los: es kracht, blitzt und schüttet nur so, wir werden auch in der Hütte triefend nass. Der Regen kommt waagerecht durch die Luft geflogen, der Unterstand nutzt uns nicht viel. Ich habe mit meinen Kontaktlinsen zu kämpfen, die mir fast aus den Augen gespült werden. Fassungslos sehen wir zu, wie sich die ungeheueren Wassermassen über unser Zelt ergießen, doch wir können nichts dagegen tun. Überall am Boden fließen braune, breite Bäche, wir staunen über die Menge an Wasser.

Viel Zeit zum Staunen bleibt uns jedoch nicht, denn gleich drauf werden wir von riesigen Hagelkörnern bombardiert. Nur mit Flipflops an den Füssen sind wir nicht sehr gut geschützt, ich ziehe meinen Wickelrock so weit wie möglich nach unten. Die schmerzenden Körner drängen uns bis an die hintere Wand der Hütte, doch selbst hier haben wir kaum Schutz. Wir sehen zu, wie sich unser Zelt unter den Sturmböen beugt, Akazienäste regnen runter. Hilflos warten wir zehn Minuten, dann ist alles vorüber.

Wir suchen uns den trockensten Weg zu unserem Zelt, das wir glücklicherweise auf einer Anhöhe aufgebaut haben, und ziehen Schadensbilanz. Ein großer Teil unseres Gepäcks ist tatsächlich trocken geblieben. Unsere Bodenplane unter dem Zelt hat sich in einen See verwandelt, den wir entwässern müssen. Mittlerweile hat es aufgehört zu regnen und auch der Platzbesitzer dreht seine Runde und schaut sich die Schäden an. Er erzählt uns, dass er Hagel hier noch nie erlebt hätte.

Wir setzen uns raus an den Tisch und wollen endlich unser wohlverdientes Bier genießen, da donnert es schon wieder und kurz drauf knallt es furchtbar laut. Der Strom ist weg, eine ganze Schar Perlhühner flieht kopflos und laut rufend kreuz und quer über den Platz. Dunkle Wolken türmen sich erneut am Himmel und wir flüchten ins Zelt. Wieder regnet es in Strömen, doch lange nicht so extrem wie vorher.

Es ist schon nach 22.00 Uhr, als wir uns schlafen legen. Draußen herrscht ohrenbetäubender Lärm, den wir mal wieder den Vögeln anhängen, doch später erfahren wir, dass die unzähligen Frösche der Krokodilfarm für den Wahnsinnskrach verantwortlich sind. Peter schläft mit seinen Ohrstöpseln direkt ein, während ich noch über eine Stunde lang mit dem Pulli um die Ohren gewickelt wach liege und die Tiere verwünsche. Irgendwann siegt die Müdigkeit über den Lärm.

 

 

 

17. Januar 2011

Montag

Outjo

75,8 Km

 

Auch heute morgen klingelt mal wieder der Wecker – fast wie zu erwarten um 6.15 Uhr. Ich brauche etwas Zeit, um mich zu orientieren, denn noch immer bin ich tief in meinen Fleecepulli eingegraben. Es ist noch dunkel, die lärmenden Tiere sind endlich eingeschlafen, draußen herrscht herrliche Ruhe!

Ein kurzer Blick durch den geöffneten Reißverschluss zeigt, dass die Welt über Nacht doch nicht untergegangen ist. Überall liegen Akazienäste rum, das abfließende Wasser hat tiefe Gräben hinterlassen – glücklicherweise nicht unter unserem Zelt.

Während wir frühstücken, breiten wir alle Sachen zum Trocknen aus. Schon gegen 9.00 Uhr sind wir startklar und fahren los. Unsere Strecke verläuft heute 75 km geradeaus nach Outjo, keine Kurven, keine Dörfer, kein Schatten. Schattige Rastplätze gibt es am Anfang keine, die finden wir erst nach den ersten 40 Kilometern. Während der Fahrt drehen sich meine Gedanken ausschließlich um die Planung der weiteren Etappen. Ich bin so in Gedanken versunken, dass ich zweimal vom Asphalt abkomme.

Auch heute wieder der Härtetest fast auf der Zielgeraden! Nach 70 zügigen Kilometern – ging es auch bergab oder mit Rückenwind – sind wir eigentlich müde, doch nun kommt noch ein langer und steiler Anstieg und auch die Sonne ist mittlerweile hinter den Wolken hervorgekommen. Der Schweiß rinnt uns in Strömen über das Gesicht, wir machen die Feststellung, dass Outjo ziemlich in den Berg gebaut ist.

Die von uns angestrebte Touristeninformation hat dummerweise bis zum ersten Februar geschlossen. Mal wieder sind wir ratlos. Eigentlich wollten wir uns hier um die Möglichkeit kümmern, eine Tour in den Etosha Nationalpark zu bekommen, der uns ja als Radfahrer wegen der wilden Tiere nicht zugänglich ist. Touristenagenturen gibt es hier keine, wir fragen im Café auf der anderen Straßenseite nach. Die freundliche Bedienung schickt uns zum Souvenirladen die Straße runter, denn da wäre bestimmt jemand, der uns weiterhelfen könnte. Wir gehen also dort hin und erfahren von der Verkäuferin, dass es da von Outjo aus eigentlich keine Möglichkeit gäbe, aber ihr Chef kenne da jemand, der früher solche Touren gemacht hätte.

Heni spricht englisch und bietet uns eine Tagestour für 800 N$ pro Person an. Wir einigen uns drauf, morgen früh um 6.00 Uhr zu starten. Er erklärt uns auch noch den Weg zur Backbacker’s Lodge und fährt den Weg vor uns her. Seit langer Zeit übernachten wir mal wieder in einem Zimmer – na ja, so ähnlich.

Wir wählen das 9-Bett-Dormitorium, momentan sind wir die einzigsten Gäste außer einer großen Spinne, die oben an der Wand gegenüber von uns wohnt und für die Stechmücken zuständig ist. Der Empfang ist sehr freundlich. Jaenny erklärt und zeigt uns alles. Es gibt ein nostalgisches Freiluft-Badezimmer im Hof, welches ich sofort mag, und ein Indoor-Badezimmer für Weicheier bei den Toiletten. Am besten finden wir die sehr gut ausgestattete Küche mit angrenzendem Esszimmer.

Nach dem Duschen gehen wir erst mal einkaufen, um auch etwas kochen zu können. Wir finden einen kleinen Supermarkt, in dem es aber nicht sehr viel Auswahl gibt. Nach einem Bummel durch den Souvenirladen erfahren wir, wo es einen größeren Supermarkt gibt. Wir kaufen ordentlich zum Abendessen ein und begeben uns dann auf den langen Rückweg auf den Berg. Am Abend fängt es mal wieder an zu regnen, während wir trocken und gut geschützt im Esszimmer sitzen. Als wir dann rüber ins Dorm gehen, ist außer dem Geplätscher des Regens auf das Blechdach nichts zu hören, auch die Spinne sitzt noch unverändert auf ihrem Platz. Am meisten fällt uns die Abwesenheit lärmender Frösche auf. Wir lassen den Rest des Abends ereignislos und früh an uns vorübergehen, denn der Wecker ist bereits auf 5.00 Uhr gestellt!

 

 

 

18. Januar 2011

Dienstag

Outjo

 

Wie geplant hören wir unseren Wecker um 5.00 Uhr klingeln und stehen auch eine Viertelstunde später auf, denn um 6.00 Uhr werden wir abgeholt. Es ist noch dunkel, als wir etwas später im Auto sitzen und die hundert Kilometer nach Norden zum Etosha-Nationalpark fahren. Am Anderson-Gate angekommen drücken die uns dort einen Laufzettel in die Hand, den wir im Okakuejo-Camp vorlegen müssen, um dort die Eintrittsgebühr zu bezahlen.

Heni fährt noch einen kleinen Umweg zum Camp, um Tiere zu suchen, doch die treffen wir leider erst vor den Okakuejo-Toren. Mehrere Springböcke grasen hier direkt am Weg und lassen sich durch uns nicht stören. Im Camp angekommen fahren wir direkt zum Wasserloch. Hier gibt es außer zwei Enten kein „richtiges“ Tier. Leicht enttäuscht fahren wir weiter. Die Straßen sind nun unasphaltiert und mit großen Pfützen übersäht, der Regen hat aber mittlerweile nachgelassen. Auch die nächsten Kilometer sehen wir keine Tiere.

Als wir uns dann der großen Salzpfanne nähern, tauchen die ersten Springböcke, Gnus und Steinböcke auf. Durch die Bewölkung sind die Lichtverhältnisse optimal und dadurch, dass die Wiesen grün sind, haben wir schöne Farbkontraste.

Etliche Kilometer später – nachdem wir viele Wasserlöcher mit wenig Tieren abgefahren haben, werden wir dann Zeuge von einem seltenen Erlebnis: wir sehen direkt vor uns auf dem Weg, wie ein großer Kampfadler einen Sekretär angreift und nach längerem Gerangel auch erlegt. Völlig erschöpft sitzt der Adler auf seiner Beute, nur wegfliegen kann er mit dem großen Vogel nicht, dazu ist sein Opfer viel zu schwer. Wir können phantastische Foto- und Videoaufnahmen von dem Zweikampf machen, dann fahren wir weiter.

Kurz drauf treffen wir auf eine Springbock-Herde, die über 300 Tiere stark ist, so etwas hat auch unser Guide Heni noch nicht gesehen. Beeindruckt sehen wir den weidenden Tieren zu, bevor wir weiter fahren.

Als wir dann kurz vor dem Halali-Camp sind, sehen wir auch noch eine Gruppe Giraffen, die direkt neben der Straße weidet. Auch diese riesigen Tiere lassen sich von uns nicht beeindrucken.

Auch am Wasserloch des Halali-Camps haben wir kein Glück. Kein Tier zu sehen! Mittlerweile haben wir festgestellt, dass es auf den Wegen mehr zu sehen gibt als an den Wasserlöchern. Vorbei geht es an Springbock, Steinbock, Kudu und Impala, immer wieder sehen wir große Gruppen von Straußen neben dem Weg. Wir sind schon auf dem Rückweg zum Anderson-Gate, da sehen wir auch einen großen Elefant direkt am Weg stehen. Anfangs lässt sich das sehr große Tier nicht beim Fressen stören, doch irgendwann wird es ihm zuviel und er kommt auf uns zu. Unser Adrenalinpegel steigt, Heni hat schon die Finger am Zündschlüssel, um rechtzeitig den Rückweg anzutreten. Glücklicherweise dreht der Dickhäuter ab, läuft vor uns über die Straße und verschwindet dann im Gebüsch – wir sind beeindruckt!

So viele Tiererlebnisse hätten wir uns an einem einzigen Tag mit Regenwetter nicht träumen lassen. Mittlerweile hat uns die Schlechtwetterzone erreicht. Platzregen sorgen dafür, dass ganze Pools auf den Wegen entstehen, die Pfützen sind so groß, dass unser Geländewagen an seine Grenzen kommt. Da es immer noch warm ist und wir die Fenster etwas geöffnet haben, werden wir nass und mit Matsch bespritzt.

Kurz vor Einbruch der Dunkelheit fahren wir dann zurück nach Outjo. Wir kommen fünf Minuten vor acht Uhr in der Lodge an und joggen direkt runter ins Dorf, um Essen und Bier zu kaufen – beim gestrigen Einkauf hatten wir glatt vergessen, den nächsten Tag mit zu kalkulieren. Öffnungszeiten gibt es hier keine, die Läden öffnen und schließen je nach Andrang der Kunden. Wir haben Glück, der kleine Supermarkt an der Ecke ist noch geöffnet. Wir haben die Auswahl zwischen Spiralnudeln, Maccaroni, Spaghetti und Reis – Beim Bier gibt es mehr Alternativen!

Im Dunkeln tappen wir mit leichten Orientierungsschwierigkeiten zurück zur Lodge, auf einmal sehen alle Häuser anders aus. Als wir später in die Küche kommen, stellen wir fest, dass dort schon Licht brennt. Wir finden hier zwei Jungs aus Bayern, die seit zwei Wochen mit dem Auto unterwegs sind. Während wir auf dem langsamen Ofen kochen, kommen wir ins Gespräch. Wir verbringen einen langen, geselligen Abend miteinander.

Um 23.00 Uhr rappele ich mich endlich auf, um in der Dusche den Etosha-Matsch abzuwaschen, anschließend falle ich müde ins Bett. Unsere Spinne sitzt noch immer völlig regungslos gegenüber an der Wand – wartet erfolglos auf Mücken. Irgendwann höre ich, wie Regen aufs Blechdach trommelt.

 

 

 

19. Januar 2011

Mittwoch

Khorixas

51,4 Km

 

Wie an normalen Radtagen klingelt unser Wecker heute morgen um 6.15 Uhr. Glücklicherweise wissen wir beim Aufwachen noch nicht, dass der Tag heute alles andere als normal wird. Gestern abend haben wir geplant, heute 80 Km zur Bambatosi-Farm in Richtung Khorixas zu fahren, dort zu übernachten und dann am nächsten Tag die 50 Km weiter bis zum Dorf. Perfekte Planung, eigentlich kann nichts schief gehen! Ein Blick aus dem Fenster unter der starren Spinne zeigt, dass dort ekliges Nieselwetter herrscht.

Wir frühstücken, verabschieden uns von den deutschen Jungs und geben Jaenny den Schlüssel ab. Die versucht noch mal, uns den Weg über Khorixas wegen der Tiere und Wüste auszureden, doch unsere Entscheidung steht fest, wir radeln los. Schon beim zweiten Versuch finden wir den richtigen Weg nach Westen, auf Asphalt geht es an der Kreuzung weiter. Die nächsten 40 Kilometer radeln wir ohne Pause und ohne Blick auf die Landschaft, denn die ist ohnehin wolkenverhangen.

Die Strecke ist ziemlich hügelig, oft müssen wir lange bergauf fahren. Bei einem der Anstiege kommt es dann zur Beinah-Katastrophe. Während des Fahrens springt mir der Mantel des Hinterrades von der Felge. Nach kurzem Schlingern komme ich ohne Sturz zum Stillstand und weiß gar nicht genau, was da eigentlich passiert ist. Zeitgleich öffnet der Himmel seine Pforten und es schüttet in Strömen. Peter kommt zurück und wir sehen uns das Rad an: der Schlauch ist unversehrt, nur der Mantel ist von der Felge. Wir laden das Gepäck ab und versuchen eine halbe Stunde erfolglos, alles wieder zusammenzusetzen. Irgendwie ist der Mantel zu groß für die Felge, springt beim Aufpumpen immer wieder ab. Nach unzähligen Versuchen sind wir triefend nass und frieren. Auch der Mantel läuft immer wieder so mit Wasser voll, dass wir hier nichts mehr erreichen können. Wir beschließen, ein Auto anzuhalten und haben auch sofort Glück. Der geschlossene Pick-up ist leer und der Fahrer ist bereit, uns für 180 N$ bis nach Khorixas mitzunehmen, wo wir den Schaden eventuell beheben können. Wir kriechen mit Rädern und Gepäck triefend auf die Ladefläche und machen es uns so bequem wie möglich, am Frieren können wir nichts ändern. Ich bin völlig verzweifelt, denn wenn wir am nächsten Ort keine Lösung finden, ist unsere Radtour beendet. Über eine Stunde sitzen wir zitternd hinten drin.

Der Fahrer hält im Ort vor einem Hotel, die „iGowati-Lodge“, die auch Camper im Garten aufnimmt.

Unser Campingplatz kommt uns günstig, hier bezahlen wir 140 N$ für einen optimal gepflegten, ruhigen Platz. Während ich das Zelt aufbaue und die nassen Sachen aufhänge – es hat mittlerweile aufgehört zu regnen – kämpft Peter noch einmal mit dem Rad. Wir stellen fest, dass der Mantel viel zu breit für die Felge ist, deshalb rutscht er immer wieder runter – Montagefehler vom Radgeschäft.

Nachdem Peter sich noch eine halbe Stunde abgemüht hat, wird klar, dass wir entweder einen passenden Mantel brauchen, oder ein neues Hinterrad. Skeptisch gehen wir mit Mantel, Schlauch und Felge zur Tankstelle auf der anderen Straßenseite. Ein Junge hört und sieht sich unser Problem an, dann nimmt er uns ins Schlepptau und wir gehen die Straße runter zu einem Geschäft, so eine Art Kolonialwarenlager. Wir finden tatsächlich den passenden Mantel für unsere Felge - glücklich bezahlen wir 78 N$ und lassen unseren unbrauchbaren Schwalbe-Reifen dort zurück.

Der Junge bringt uns wieder zurück zur Tankstelle, dort wird alles montiert, und gefüllt, unser Problem ist beseitigt! Wir geben dem Bub ein Trinkgeld von 20 N$ - wahrscheinlich ein Tageslohn – und bauen auf dem Campingplatz alles wieder zusammen. Im Rahmen der Reparaturarbeiten wird auch noch schnell die Schaltung gerichtet, die beim Transport im Pick-up ordentlich was abbekommen hat. Wir sind zufrieden und glücklich!

Im Supermarkt kaufen wir kurz drauf ein Festessen ein: Reis mit Soße. Zu Trinken gibt es für jeden eine Flasche Bier in groß. Zum Nachtisch Wassermelone und südafrikanische Simba-Chips.

Nun hätte der Tag ein perfektes Ende, gäb´s da nicht mal wieder die Probleme mit unserem Kocher! Nach einer weiteren Stunde Bastelarbeiten – diesmal bin ich an der Reihe – können wir unser Reiswasser aufsetzen, zum Essen setzen wir uns mangels Stühle einfach auf den Boden. Die tropfenden Kleider und nassen Schuhe haben wir im trockenen und warmen Waschhaus ausgebreitet.

Es ist schon dunkel, da kommt noch ein Mitbewohner auf den Platz gefahren. Mir ist es peinlich, als ich mich für das Chaos im Waschhaus entschuldige, doch er ist freundlich und beteuert, dass dies kein Problem für ihn sei.

Den Abend verbringen wir im Zelt, während ab und zu Regen auf die Plane tröpfelt. Nach zwei Runden Carcassonne sind wir müde und schlafen ziemlich sofort ein.

 

 

 

20. Januar 2011

Donnerstag

Uis

131 Km

 

Auch heute morgen sind wir beim Aufstehen noch ahnungslos und wissen glücklicherweise nicht, was der Tag uns noch bringt – wie gehabt!

Ein Blick aus dem Zelt zeigt, dass es draußen nieselt. Da der Boden nass ist und wir uns nicht setzen können, nehmen wir unser Frühstück heute im Stehen ein, ein guter Start in den Tag.

Unsere Planung sieht für heute so aus, dass wir einfach mal in Richtung Uis aufbrechen und so weit fahren, wie wir kommen. Irgendwo dazwischen wollen wir dann das Lager aufschlagen.

Wir packen unsere Sachen nass zusammen und sind um 8.00 Uhr auf dem Rad. Es regnet, vorsichtshalber beschließen wir, unseren Schweinehund in Khorixas zurückzulassen – das ist auch gut so!

Nach 7 Km bergauf verlassen wir die Asphaltstraße und befinden uns laut Hinweisschild für die nächsten 112 Kilometer auf einer Schotterpiste mit Elefantenverkehr. Während der ersten drei Kilometer läuft es für uns sehr gut, die Piste ist flach und in einem guten Zustand. Doch dann fangen die kleinen, gemeinen Hügel an. Es geht 30m steil bergab, dann wieder 30m steil berghoch, immer und immer wieder. Auf Dauer ist das ziemlich zermürbend. Schon direkt am Anfang der Piste sehen wir den ersten riesigen Haufen Elefantenscheiße auf dem Weg liegen. Das passende Tier zum Haufen sehen wir nicht, wir sind uns nicht sicher, ob uns das betrüben oder erfreuen soll. Doch auch der Haufen ist für uns Radfahrer gefährlich, wir müssen um die riesigen Berge fahren, die oft mitten im Weg liegen.

Wir machen nach 40 Kilometern die erste große Pause. Da es hier nirgends Bäume am Weg gibt und auch sonst keine Schattenmöglichkeiten vorhanden sind, setzen wir uns einfach auf die Straße. Autos fahren hier sowieso kaum und die breite Straße bietet uns guten Schutz vor Schlangen und Skorpionen. Wir essen die letzten Äpfel aus Outjo und feiern die Tatsache, dass wir schon ein Drittel des Weges nach Uis hinter uns gebracht haben. Mittlerweile hat es aufgehört zu regnen und die Sonne heizt uns ein. So schwer es uns fällt, irgendwann müssen wir weiter. Als wir später unsere 60-Kilometer-Pause machen, ist es schon 13.00 Uhr, die Sonne röstet uns und wir haben noch 60 Km bis Uis vor uns – eigentlich utopisch.

Die nächsten 20 Kilometer werden wir von einer langen Abfahrt verwöhnt. Ich kann mich nicht richtig freuen, denn ein Blick auf die Landkarte verrät mir, dass wir das alles auch wieder hochfahren müssen. Die Piste ist mittlerweile so schlecht, dass an schnelles Fahren gar nicht zu denken ist. Tiefer, loser Schotter, Spurrillen, Weichsand lassen uns leicht verkrampft mit äußerster Vorsicht fahren, ein Sturz mit hoher Geschwindigkeit kann hier fatale Folgen haben. Auch so geraten unsere Räder oft genug ins Schlingern, die Muskulatur kribbelt, wenn der Adrenalinstoss erfolgt ist – mehr als einmal.

Bei Kilometer 80 ist dann das Ende der Abfahrt erreicht. Wir rollen auf einer einsam betonierten Brücke über das trockene Flussbett des Ugab, an beiden Seiten der Straße sind die hölzernen Verkaufsbuden der Damara.

Steil geht es nun in praller Sonne berghoch. Passend dazu verschlechtern sich Wegqualität und Laune. Bei einer Geschwindigkeit von 5 Km/h fällt auch der Fahrtwind weg, der Schweiß tropft uns vom Gesicht.

Die nächsten Kilometer geht es nun ständig berghoch. Unsere Pausen werden immer länger und die Abstände dazwischen immer kürzer. Mittlerweile schieben wir die steilen Anstiege und die flachen Strecken rollen wir im Zeitlupentempo, nach jeder Kurve erlischt der Hoffnungsfunke von neuem. Uis ist nicht zu sehen.

Unser Tacho zeigt 128 Tageskilometer an, als wir an einem Berghang in großen Buchstaben das Wort „Uis“ sehen, mit großen weißen Steinen in die Büsche gelegt. Etwas später kommen wie wieder an eine Abzweigung, nach weiteren zwei Kilometern um einen Hügel herum ist das Dorf dann endlich erreicht.

In der Abenddämmerung rollen wir direkt zum „Brandberg Rest Camp“, das von einem Freund von Heni (unserem Etosha-Führer) betrieben wird. An der Rezeption werden wir sehr freundlich empfangen, mit der Frage, ob wir erst ein kaltes Bier wollten oder eine Dusche. Statt des geplantes Campingplatzes wird uns ein Doppelzimmer zu Sonderkonditionen angeboten, das hätten wir uns nach der Radtour doch wirklich verdient!

Über so viel Luxus können wir doch nur staunen: ein großes Doppelzimmer mit eigenem Bad und Dusche, ein riesiger Pool, kaltes Bier und ein Restaurant mit Fleisch auf der Speisekarte!

Bevor wir essen gehen, spülen wir erst mal den Schmutz von uns ab und cremen die total verbrannte Haut gut ein.

Zum Abendessen gibt es Steak mit Pommes und Salat. Ich weiß nicht, was anstrengender ist: aufrecht zu sitzen oder mit Messer und Gabel zu hantieren. Nach einem weiteren Bier ziehen wir uns dann in die Betten zurück, denn wir sind beide todmüde.

Trotzdem kann ich lange nicht einschlafen, selbst das Liegen schein anzustrengen. Außerdem ist die weiche Bettdecke auf der sonnenverbrannten Haut unangenehm und jede Drehung im Bett endet fast mit Krämpfen. Irgendwann später in der Nacht werde ich dann noch einmal wach, denn draußen gießt es in Strömen.

 

 

 

21. Januar 2011

Freitag

Hentjesbaai

 

Heute morgen stehen wir erst um 7.00 Uhr auf, zum Frühstück gibt es in unserem Zimmer Kekse und Kaffee und Tee. Ich frage an der Rezeption des Restcamp nach, wie groß die Chance ist, hier ein Fahrzeug zu finden, um nach Hentjesbaai zu trampen, denn die wenig abwechslungsreiche Strecke durch die Wüste ist wieder 120 Km lang. Wir beschließen, die zwei Kilometer bis zur Hauptkreuzung hoch zu radeln und dort auf eine Mitfahrgelegenheit zu warten.

Wir verabschieden uns herzlich von unserem Gastgeber, steigen auf die Räder und radeln träge los. Die Oberschenkel beschweren sich über die erneuten Strapazen und drohen mit Streik. Die Piste ist hier noch immer so schlecht wie gestern abend, es lag nicht nur an unserer Müdigkeit. Im spärlichen Schatten eines Schildes warten schon vier Einheimische auf eine Mitfahrgelegenheit.

Ins Gespräch vertieft vergeht die Zeit ziemlich schnell und schon das zweite Auto, das auf der Straße zu sehen ist, hält an. Unsere neuen Freunde kümmern sich um unseren Transport, wir einigen uns mit dem Fahrer auf einen Fahrpreis von insgesamt 300 N$ für zwei Personen, die Räder und das Gepäck. Anschließend werden die Bikes auf das Fahrerdach des Pick-Up’s geladen und dort von allen Anwesenden sorgfältig vertäut. Menschen und Gepäck sitzen hinten auf der offenen Ladefläche.

In recht hoher Geschwindigkeit geht es nun über die recht sandige Piste in Richtung Küste. Ich versuche auszublenden, was im Falle eines Unfalls passieren würde. Wir merken am Schlingern des Fahrzeugs, wenn der Sand auf der Piste sehr weich wird. Bei Gegenverkehr vergraben wir das Gesicht im T-Shirt und stellen das Atmen kurzfristig ein – Silikose lässt grüßen!

Plötzlich macht unser Fahrer einen unberechenbaren Schlenker. Einer der Einheimischen zeigt auf die Piste hinter dem Fahrzeug und wir sehen eine Kobra mitten auf dem Weg liegen, den Kopf 30 cm aufgerichtet in unsere Richtung. Später erfahren wir, dass es sich um eine Speikobra gehandelt hat, die auf 1,50m Entfernung ihr Gift genau in die Augen des Feindes spucken kann. Mit den Rädern wäre das sehr spannend gewesen.

Es vergeht unangenehm viel Zeit auf der zugigen Ladefläche, bis wir Hentjesbaai endlich erreichen. Unser Fahrer fährt uns bis mitten in den Ort und lässt uns an einer Tankstelle raus. Günstige Campingplätze gibt es hier im Dorf keine, beste Lösung ist Bett & Breakfast bei H & H, einem österreichischen Gastgeber.

Besagte Adresse ist ein Privathaus. Wir rufen, eine ältere Frau kommt aus dem Haus und zeigt uns das Zimmer. Nachdem wir unsere Räder abgeladen haben, gehen wir erst mal einkaufen. Heute gibt es ausnahmsweise mal Spagetti mit Hackfleischbällchen aus der Dose.

Als wir wieder an unserer Unterkunft ankommen, stellen wir fest, dass wir nicht die einzigsten Gäste sind. Außer uns wohnt hier noch ein Paar aus Österreich. Bald sitzen wir zusammen mit den anderen Gästen und unseren Gastgebern im Innenhof am Tisch und unterhalten uns angeregt. Zum ersten Mal in meinem Leben esse ich ganz frische Feigen, später kommt noch südafrikanischer Rotwein dazu.

Es ist schon dunkel, als sich unsere Runde auflöst und wir mit dem Kochen anfangen – wollen! Mal wieder müssen wir im Schein der Stirnlampe ( unserer Einzigsten, denn die von Peter ist am Bett von Outjo geblieben) erst mal den Benzinkocher komplett zerlegen und säubern, bevor es dann besagte Nudeln gibt. Während wir essen, hören wir die Flamingos über uns schreien. Die Vögel reisen in der kühlen Nacht zum See im Etosha. Bis wir alles gespült und weggeräumt haben, ist es schon 23.00 Uhr und damit gewohnte Schlafenszeit.  

 

 

 

22. Januar 2011

Samstag

Swakopmund

71 Km

 

Heute morgen wachen wir nach einer absolut ruhigen Nach von selbst schon um 7.00 Uhr auf, das hat sich wohl schon so eingependelt. Zum Frühstück gehen wir in den Raum nebenan, denn hier gibt es einen Wasserkocher und Geschirr. Es gibt Kaffee, Tee, und Brot mit Erdnussbutter aus dem Supermarkt. Eigentlich sind wir schon recht früh startklar, doch mal wieder kommen wir mit unserem Gastgeber Horst ins Gespräch, der im Innenhof seine Frühstückszigarette genießt. Kurz drauf gesellt sich auch Hermi zu uns; wir plaudern lange mit unseren Gastgebern. Nach etlichen Kaffees ist es doch mal wieder nach 9.00 Uhr, als wir endlich losrollen.

Unsere Strecke ist heute stressfrei und führt uns nur 70 Km an der Küste entlang bis nach Swakopmund. Eine Besonderheit ist die Straße, die sogenannte Salzpiste. Der ziemlich harte Untergrund besteht aus einem sehr harten Gips-Salz-Gemisch und wir fahren bei dem heutigen trockenen Wetter fast so gut wie auf Asphalt. Bei Regen ist diese Strecke berüchtigt dafür, so glatt wie Schmierseife zu werden, doch wir haben ja Glück. Es ist zwar sehr bewölkt, doch dabei handelt es sich wohl um den hier berüchtigten Küstennebel. Überall stehen Schilder, die vor dem dichten Nebel warnen, die Autofahrer haben Lichtpflicht.

Auch wir müssen natürlich unsere Geschwindigkeit drosseln, um im dichten Nebel den Überblick zu behalten. Die Landschaft ist relativ eintönig. Erstes Highlight dann das Wrack eines gestrandeten Schiffes. Das müssen wir uns natürlich ansehen. Begeistert verlassen wir die Salzpiste und geniessen 100 abwechslungsreiche Sandmeter, bevor dann mit brennenden Oberschenkeln im Tiefsand Schluss mit Fahren ist. Etwas später sind wir dann wieder auf unserer guten Salzpiste, rollen einige Kilometer und finden dann wieder Sehenswertes: in einem ausgetrockneten Flussbett sind im rissigen Boden wunderschöne Muster entstanden. Wieder machen wir eine Fotopause und wandern umher. Das Flussbett bietet herrliche Fotomotive durch die ausgetrockneten Erdschollen.

Unsere Mittagspause machen wir an einer Stelle, an der große, schwarze Felsen im Sand liegen. Die schönen Steine sind glatt und warm. Wir wandern umher, fotografieren und essen. Mittlerweile kämpft sich die Sonne durch den Nebel und sorgt für freundlichere Stimmung.

Irgendwann viel später sehen wir dann Swakopmund im Dunst auftauchen. Am Südrand der Stadt finden wir die „Desert Sky Backpackers Lodge“ ohne Schwierigkeiten. Auffallend ist der viele Schlamm, der sich in den breiten Straßen befindet. In den letzten Tagen hat es – für Swakop ungewöhnlich – stark geregnet und die Stadt hat kein Kanalsystem. Folglich schlingern wir mit den bepackten Rädern durch die Straßen, bis wir an unserem Ziel ankommen.

Heute wollen wir im Dorm übernachten, doch wir haben Pech, alle Betten sind restlos belegt. Statt dessen finden wir einen Platz auf der Wiese hinter dem Haus, besser gesagt: ein Eckchen, denn auch auf der kleinen Campingwiese herrscht Hochbetrieb. Das Zelt ist mit wenigen Handgriffen aufgebaut und eingeräumt.

Anschließend gehen wir direkt zum Supermarkt, denn heute ist Samstag und da können die Geschäfte auch mal früher schließen. Unsere Wiesennachbarn verraten uns den schnellsten Weg zum Supermarkt, doch als wir dort ankommen, staunen wir: alkoholische Getränke werden Samstags nur bis 13.00 Uhr verkauft und Sonntags gar nicht! Also gibt’s für uns hier nur Bratwurst, Milch, Saft, Chips und Brot – eben nicht ganz alles, was der gierige Radler nach einem langen Tag braucht.

Wir beratschlagen kurz und versuchen unser Glück auf der anderen Seite im Pub. Erfolgreich kaufen wir vier geschlossene Flaschen Bier zum Mitnehmen. Nachdem wir alles zurück zum Camp gebracht und kalt gestellt haben, sehen wir uns das Meer an. Im Süden sehen wir die hohen Sanddünen, die bis ans Meer reichen. Swakop hat auch einen langen Pier, der weit bis ins Meer ragt. Wir gehen bis zum Ende des langen Holzstegs und können eine herrliche Aussicht auf die Küste genießen. Anschließend bummeln wir durch die leeren, weiten Straßen und schauen uns die alten Häuser aus der deutschen Kolonialzeit an. Beeindruckend ist der „Freiburger Hof“ von 1906 und das ehemalige Lazarett, heute ein Hotel.

Als wir zurück auf den Platz kommen, kochen erst mal. Der Rest des Abends verläuft eher ruhig, die meisten Camper sind irgendwo unterwegs. Wie gewohnt legen wir uns gegen 23.00 Uhr schlafen. Auch um uns herum kehrt so langsam alles heim und nach einigem Gewusel in den Zelten um uns herum kehrt nach und nach Ruhe ein.

Es dauert, bis ich einschlafen kann, denn heute Abend hört man das Brummen von Autos in den Straßen – ein ganz ungewohntes Geräusch!

 

 

23. Januar 2011

Sonntag

Swakopmund

 

Heute morgen lassen wir uns mit dem Aufstehen Zeit, denn wir haben Pausetag und nichts geplant. Obwohl wir vorhaben, auszuschlafen, sind wir schon um 7.00 Uhr wach, denn um uns herum ist allgemeine Aufbruchstimmung und überall wird rumgekramt. Da die Zelte alle sehr dicht zusammen stehen, ist an Schlaf nicht mehr zu denken und auch wir gesellen uns an den großen internationalen Frühstückstisch.

Nach dem Frühstück ziehen wir zu fuß los, um die Stadt und den Strand zu erkunden. Wir spazieren an der Uferpromenade entlang zum großen Leuchtturm und kommen auch am Holzschnitzermarkt vorbei. Im Gegensatz zu den bisher bereisten afrikanischen Ländern sind die Händler hier sehr unaufdringlich. Wir werden zwar angesprochen, aber nicht bedrängt. Hier sitzen auch die nackten Himba-Frauen, deren einzigste Einnahmequelle der Tourismus ist. Sie lassen sich für Geld fotografieren und verkaufen Armbänder und Schmuck. Da wir wissen, dass dieses ehemalige Nomadenvolk vom Aussterben bedroht ist, kaufe ich ein Armband für den Wucherpreis von 40 N$ und darf dafür auch Fotos machen.

Wir gehen weiter zur Mole, die als wellenberuhigter Strand benutzt wird. Da Swakop eine natürliche Bucht fehlt und die Mole nicht effektiv genug gebaut werden konnte, gibt es hier keine Schiffe.

Von hier aus führt uns unsere Strandwanderung wieder an das südliche Ende der Stadt. Hier gibt es eine Lagune, in der im seichten Wasser Flamingos stehen. Hinter dem anderen Ufer fangen die großen Dünen an. Eigentlich wollten wir da hin, doch weil dort die seltene Damara-Schwalbe um diese Jahreszeit brütet, ist das Gebiet gesperrt.

Mittlerweile ist es auch schon Mittag und wir gehen zurück in den Ort, um noch rechtzeitig vor Ladenschluss einkaufen zu können. Anschließend gehen wir in ein Restaurant am Strand, denn Peter will unbedingt mal Fisch essen.

Nach dem Essen wollen wir mit den Rädern zu den Dünen fahren, doch schon auf dem Rückweg zum Camp wird klar, dass es heute Mittag dafür viel zu heiß ist. Statt dessen trinken wir Kaffee und liegen im Schatten rum – bis kurz vor Sonnenuntergang. Dann radeln wir doch noch zu den großen Dünen rüber, doch dummerweise brütet die Schwalbe auch hier. Tierlieb, wie wir sind, lassen wir die Vögel alleine, machen nur ein paar Fotos und fahren dann zurück zum Strand. Dort können wir einen wunderschönen Sonnenuntergang genießen, wir fotografieren unsere Räder in der untergehenden, roten Sonne.

Es ist schon fast dunkel, als wir zurück zum Camp fahren, um zu kochen. In der Gemeinschaftsküche herrscht Hochbetrieb – Rushhour sozusagen. Der Abend klingt ruhig aus.

 

 

 

24. Januar 2011

Montag

Spitzkoppe

37 Km

 

Heute morgen werden wir um 6.30 Uhr wieder von unserem Wecker geweckt und um 8.00 Uhr sind wir bereit zum Aufbruch – wir sind uns über den Tagesablauf noch nicht so ganz im Klaren, ahnen aber schon, dass es ein langer Tag wird.

Wir rollen zum östlichen Stadtrand von Swakopmund. Hier steht die alte Zugmaschine „Martin Luther“, die von Deutschland importiert wurde, jedoch schon auf der Jungfernfahrt von Walvis Bay nach Swakopmund im Sand stecken geblieben ist.

Wir statten dem kleinen Museum einen Besuch ab, schauen uns das renovierte Monster an und lesen die Geschichte dazu auf den Wandtafeln.

Anschließend gehen wir auf die andere Straßenseite, denn hier ist eine Haltebucht für Tramper. Obwohl in den großen Ortschaften von Namibia überall Verbotsschilder für die Anhalter stehen, hält sich niemand daran. Wir haben uns noch nicht niedergelassen, da kommt schon ein Mann auf uns zu und fragt, was wir vorhaben. Wir erklären ihm, dass wir mit den Rädern bis zur Abzweigung zur Spitzkoppe nicht fahren können, da die Etappe zu groß ist und wir nicht mehr genügend Zeit hätten. Aus diesem Grund wollen wir ein Auto anhalten.

Er kennt natürlich die Lösung für unser Problem und schickt uns einen Minibus von einer Tankstelle in Sichtweite. Diesmal werden wir mit Rädern und Gepäck ins Innere des Autos verfrachtet und die nächsten 110 Kilometer vergehen bei lauter Musik wie im Flug.

An einer sandigen und endlosen Piste hält unser Bus an, am Horizont können wir die perfekte Form der Spitzkoppe bewundern. Wir verabschieden uns vom Fahrer, der uns zweifelnd ansieht, und stehen kurz drauf wieder alleine da. Schon während wir die Räder beladen, entwickelt sich unser neues Feindbild: die Sonne! Gnadenlos wir uns heute eingeheizt, noch bevor wir auf die Räder steigen, fließt schon reichlich Schweiß.

Obwohl die Piste bis zur Spitzkoppe eigentlich nur 34 Kilometer lang ist, werden wir heute auf eine harte Probe gestellt. Der Boden ist sehr weich und ausgefahren, die Strecke ist sehr uneben und die Sonne gibt wirklich alles. Wir wechseln ständig die Spur, um der unangenehmen Wellblechpiste so gut wie möglich ausweichen zu können, die Pausen werden immer häufiger, nur leider gibt es keinen Schatten. Irgendwann verschwindet unser Interesse an der Landschaft, wir fahren nur noch weiter.

Als wir endlich am Eingangstor zum Spitzkoppe-Nationalpark ankommen, sind wir ziemlich platt. Die Angestellten am Tor staunen uns an, so oft verirren sich Radfahrer nicht in diese Gegend. Wir müssen uns registrieren, die erforderlichen Spalten „Fahrzeugtyp und Autonummer“ können wir im Buch nicht angeben, wir schreiben einfach überall „bike“ hin.

Die markanten Granitfelsen des kleinen Massivs ragen 700m hoch über die Ebene hinaus, campen darf man hier überall. Wir suchen uns einen großen Felsen auf, in dessen Schatten wir unser Zelt aufbauen können.

Nachdem wir uns eingerichtet haben, gehen wir zurück zum Gate, da man sich die Felszeichnungen am „Bushman’s Paradise“ nur mit Führer ansehen darf. Mit dem laufen wir dann um das halbe Felsmassiv herum, unterwegs erklärt er uns die Pflanzen- und Tierwelt. Leider sehen wir wieder keine Leoparden, obwohl es hier viele gibt.

Der Aufstieg zum Aussichtspunkt der Buschmänner ist lang und steil. Noch immer läuft der Schweiß, keine Wolke in Sicht. Als wir oben ankommen, sehen wir eine große, grün bewachsene Mulde vor uns. In dieser Mulde bilden die Felsen seitlich einen großen Überhang, unter dem sich die Malereien befinden. Die Figuren wurden vor etwa 4000 Jahren mit Tierblut und zerriebener Schale von Straußeneiern dort hin gemalt. Wir sehen Jäger, Heiler und Tiere abgebildet. Einige der Zeichnungen kann man noch sehr gut erkennen, andere sind völlig verblasst.

Als wir dann später im Zelt sind, haben wir draußen die gleiche Geräuschkulisse wie damals im Matopos Nationalpark in Zimbabwe. Irgendwelche Tiere laufen ständig ums Zelt und wir hören überall Scharren auf dem Boden.

Durch die vielen ungewöhnlichen Geräusche dauert es heute Abend sehr lange, bis ich endlich einschlafen kann. Auch in der Nacht werde ich ständig wach, wenn irgendwelche Tiere am Zelt vorbeilaufen.

 

 

 

25. Januar 2011

Dienstag

Spitzkoppe

 

Auch heute morgen werden wir ohne Wecker um 6.00 Uhr wach, denn es ist schon hell draußen. Das Wetter verspricht auch heute wieder sehr schön zu werden, nur wenige dünne Wolken sind am Himmel zu sehen.

Nach der kleinen Morgentoilette und dem großen Frühstück wollen wir wandern gehen. Überall liegen interessant geformte Felsen rum – teilweise aufeinandergestapelt. Auf dem Weg zur Felsenbrücke finden wir eine schmale, steinige Schlucht. An den Steilwänden sind sogar Kletterrouten eingebohrt, man kann die relativ dichten Hakenabstände sehen. Zum Spaß lege ich Hand an, keine Chance im strukturlosen Granit!

Unser Weg führt über viele flache Felsplatten, dann kommen wir endlich zur „Brücke“. Als wir näher kommen, sehen wir, dass der imposante Felsbogen eine Spannweite von über sieben Meter hat, und das bei einer Höhe von etwa zwei Metern. Hier machen wir viele schöne Landschaftsaufnahmen.

Auf dem Rückweg zum Zelt kommen wir an Felszeichnungen vorbei – dem kleinen „Bushman’s Paradise“. Die Zeichnungen hier sind wesentlich besser erhalten als die Bilder von gestern und wir können deutliche Fotos machen.

Anschließend gehe ich rüber zum Hauptgate, um beim „Restaurant“ zwei kalte Limo zu kaufen. Die hier Angestellten sind gerade dabei, Radio zu hören und schauen mich verständnislos an. Ich soll selbst im Kühlschrank nachsehen, aber im Moment wäre wahrscheinlich nur Bier da! Es scheint nicht üblich zu sein, dass hier tatsächlich Touristen etwas kaufen. Ich staune, der ganze Kühlschrank ist mit Bier gefüllt. Mangels alkoholfreier Getränke muß ich nun eben zwei Bier kaufen, die wir uns dann auch noch vor unserem verspäteten Mittagessen gönnen.

Der Nachmittag verläuft dann sehr entspannt. Wir kochen, faulenzen und genießen die Landschaft.

Seelisch und moralisch bereite ich mich jetzt schon auf die ersten 30 Kilometer der morgigen Etappe vor, die es wieder in sich haben werden. Wir müssen dieselbe Piste zurückfahren, wie wir gekommen sind: weichsandig und sehr hügelig!

Später am Nachmittag fängt es dann leicht an zu regnen und wir verziehen uns ins Zelt. Da wir nach vorne durch das Moskitonetz raussehen können, jagt uns eine Stunde später ein traumhafter Sonnenuntergang wieder vors Zelt. Regenbögen, die untergehende Sonne und rote Nebelschwaden sorgen für eine unrealistische Atmosphäre.

Als wir gegen 22.00 Uhr die Kerze ausblasen, tröpfelt der leichte Regen uns in den Schlaf, gerade so laut, dass man die Tiere draußen nicht mehr hört.

 

 

 

26. Januar 2011

Mittwoch

Usakos

56,5 Km

 

Heute morgen klingelt unser Wecker wie an jedem „Radfahrtag“ um 6.15 Uhr, damit wir zeitig auf der Piste sind, doch ein Blick nach draussen zeigt, dass es noch ziemlich dunkel ist.

Wir frühstücken und packen gleichzeitig. Es gibt wie üblich Tee und Kaffee – unser Kocher hat seinen Widerstand aufgegeben und funktioniert seit zwei Tagen einwandfrei. Zum Essen gibt es dummerweise nur das, was unsere Packtaschen noch hergeben: zwei Scheiben altes Brot mit Erdnussbutter, Powerbar und Paranüsse. In Momenten wie diesen sehne ich mich nach frischen Brötchen mit Nutella, doch man kann ja nicht alles haben.

Bei bewölktem Himmel brechen wir auf, etwa ein Kilometer später erreichen wir das sehr ärmliche Dorf Groot-Spitzkoppe. Wir fahren direkt zur Schule und gehen in eine Klasse, um unsere mitgebrachten Kugelschreiber dort abzugeben. Alle Kinder starren uns an, die Lehrerin freut sich riesig und bedankt sich herzlich.

Die nächsten 30 Kilometer haben es in sich, wir wissen ja schon, was auf uns zukommt! Glücklicherweise ist es noch ziemlich bewölkt und dadurch nicht so heiß. Obwohl heute vermutlich unser letzter Radtag ist, machen die 30 Kilometer bis zur Hauptstraße rüber nicht wirklich Spaß.

Als wir dann endlich an der herangesehnten Abzweigung ankommen, machen wir erst mal Pause, denn wir wissen ja nicht, was auf den nächsten 25 Kilometern auf uns zu kommt. Als Snack gibt es Paranüsse und Isostar.

Auf der nun folgenden Asphaltstraße rollt es sich wesentlich besser als auf der schlechten Piste, wir kommen ungewohnt mühelos voran.

Etwas später fahren wir dann an einem Schild vorbei, das die LKW-Fahrer davor warnt, dass es nun 15 Kilometer bergab geht – wir können unser Glück kaum fassen! Mit Lichtgeschwindigkeit fliegen wir Usakos entgegen und die schlechte Piste von heute morgen ist sofort vergessen. Auf der Straße macht es Spaß, schnell zu fahren, es gibt keine Schlaglöcher oder Unebenheiten, die für uns eine Gefahr darstellen könnten.

In windeseile haben wir unser Tagesziel erreicht, der Campingplatz des „Namib Wüste Farmstall“ liegt am Ortseingang direkt an der Straße, die Campingwiese liegt etwas abseits hinter dem Gebäude mit vielen Bäumen. Direkt nachdem wir das Zelt aufgebaut haben, gehen wir erst mal duschen, um den Schmutz der letzten 4 Tage endlich mal abzuspülen.

Anschließend gönnen wir uns ein Steak im Restaurant nebenan. Die Portionen sind riesig, das Fleisch ist sehr gut.

Später sitzen wir im Zelt und beratschlagen, wie es weiter gehen soll. Nach langem Hin und Her kommen wir zu einer Planänderung. Statt die restlichen 250 Kilometer mit dem Rad nach Windhoek zu fahren und die 1000 Radkilometer zu vollenden, brechen wir hier nach 730 Kilometern ab. Wir haben nur noch eine Woche Zeit in Namibia und mit dem Rad bräuchten wir von hier aus drei bis vier Tage bis Windhoek - nur auf der Teerstraße mit viel Verkehr.

Statt dessen wollen wir morgen mit dem Minibus bis nach Windhoek fahren, um mehr Zeit zu gewinnen. So haben wir dann doch noch die Möglichkeit, nur mit den Rucksäcken als Gepäck zu den großen Dünen von Sossusvlei zu kommen, die wir anders nicht sehen könnten.

Die Entscheidung fällt zwar nicht leicht, doch so sehen wir wenigstens noch ein Highlight von Namibias wunderschöner Landschaft.

Den Rest des Abends verbringen wir im Zelt, denn irgendwann fängt es noch an zu tröpfeln. Viel später – ich lese noch, während Peter schon schläft – hält auch der Pfau endlich die Klappe, so dass auch ich schlafen kann.

 

 

 

27. Januar 2011

Donnerstag

Windhoek

 

Heute morgen stehen wir erst um 7.00 Uhr auf, als wir die blöden Pfauen einfach nicht mehr ignorieren können, die schon seit über einer Stunde schreien. Der Himmel ist bedeckt und es ist windig, unser Zelt und die Räder sind schon wieder trocken. Wir lassen uns mit dem Packen Zeit und frühstücken in Ruhe, denn heute radeln wir nur bis zur Tankstelle im Ort und wollen von da aus mit einem Fahrzeug bis nach Windhoek trampen.

Ganz anders als in Swakop stehen wir hier sehr lange rum, ohne dass etwas passiert. Nach über zwei Stunden erfolgloser Warterei kommt ein offener LKW an die Zapfsäule gefahren. Ich gehe zum Fahrer und frage, wohin sie denn fahren und ob sie uns mit den Rädern mitnehmen könnten. Der sagt mir, dass sie zwar nach Windhoek fahren würden, doch das Transportieren von Personen auf offenen Ladeflächen sei in Namibia verboten. Trotzdem erklärt er sich dazu bereit, uns bis Okahandja mitzunehmen – 60 Km von Windhoek entfernt. Wir sollten bezahlen, was wir für richtig halten, die Ladefläche sei sehr schmutzig und wir müssten uns bei den Straßenkontrollen flach hinlegen.

Glücklich hieven wir die Räder bepackt auf die Ladefläche und klettern dazu. Direkt hinter dem Führerhaus sitzen wir einigermaßen blick- und windgeschützt, bei den vielen Polizeikontrollen drücken wir uns flach in den Dreck und werden übersehen.

Etwa zwei Stunden später heben wir dann Okahandja erreicht. Der Fahrer läd uns an einem Supermarkt ab, unschlüssig sehen wir uns um. Etwas weiter die Straße hinab sehen wir eine Tankstelle, doch als wir dort ankommen, sind nur kleine PKW-Taxis zu sehen, die uns unmöglich mit all dem Gepäck transportieren können – so gerne sie es auch möchten.

Freundliche Mitmenschen vermitteln uns einen VW Jetta und siehe da, in Afrika passen tatsächlich Unmengen von Gepäck auch in ein kleines Auto und etwas später sind wir auf dem Weg nach Windhoek.

Unser Fahrer ist sehr freundlich und erklärt uns alles sehenswerte, was wir auf der Straße finden. Am frühen Nachmittag werden wir dann im Innenhof vom „Backpacker Unite“ abgesetzt, unsere erste Runde ist beendet. Wir werden von den Angestellten freundlich empfangen und über unsere Tour ausgefragt. Als Unterkunft wählen wir das 6-Bett-Dormitorium, da wir ja sowieso nur eine Nacht bleiben wollen.

Die Dusche ist dringend nötig, denn die Ladefläche des LKW war sehr rostig und staubig. Anschließend gehen wir in die Stadt einkaufen. Es gibt mal wieder Bratwurst und Paprikasalat zum Abendessen, die Mahlzeit hat sich mittlerweile schon durchgesetzt. Während wir am Essen sind, füllt sich die Küche. Das Backpacker ist heute sehr gut besucht, im Dorm schlafen wir mit fünf Leuten.

Den Rest des Abends verbringen wir mit Packen und Schwätzen. Im Dorm ist ein junger Namibier, der eigentlich in Tsumeb wohnt und Arbeit in Windhoek gefunden hat. Wir reden sehr lange, und bis wir dann alles gepackt und unser „Gute-Nacht-Bier“ getrunken haben, ist es schon wieder fast 23.00 Uhr.

Als wir ins Bett gehen, freue ich mich nach den harten Campingnächten wieder auf eine weiche Matratze – auch wenn ich im Etagenbett oben schlafen muss und bei 90 cm Breite der Abgrund auf beiden Seiten gefährlich nahe ist!

 

 

 

28. Januar 2011

Freitag

Solitaire

 

Ich werde eine Stunde vor unserem Wecker wach, denn ich kann nicht mehr liegen. Die dünne Schaumstoffmatratze ist völlig durchgelegen und alles andere als bequem und weich. Wir frühstücken in der Küche, schultern die gepackten Rucksäcke und ziehen los, zum Busparkplatz. Wir haben uns dazu entschieden, langsam und unkomfortabel, aber dafür günstig zu reisen. Eine organisierte Tour von Windhoek zu den Dünen könnten wir uns mit zwei Personen nicht leisten, also muss es anders gehen.

Ziemlich zusammengequetscht bringen wir dann zwei Stunden später die 80 Km bis Rehoboth hinter uns. Wir werden an einer Tankstelle an der Hauptstraße abgesetzt, da von hier aus die Wahrscheinlichkeit am größten ist, in Richtung Dünen weiter zu kommen. Busse fahren von hier aus keine mehr, wir müssen trampen oder wandern. Lange sitzen wir auf der kleinen Mauer in der prallen Sonne, doch Fahrzeuge sind hier ziemlich rar.

Ein großer, offener LKW von der Namib Naukluft Lodge hat reichlich Platz auf der Ladefläche und ist bereit, uns für 150 N$ die 200 Kilometer bis kurz vor Solitaire mitzunehmen. Der Fahrer erkundigt sich noch einmal, ob wir wirklich ohne Fahrzeug dorthin wollen, wir klettern erleichtert auf die Ladefläche.

Wir haben zwar reichlich Platz, aber der Komfort hält sich auf der schlechten Piste extrem in Grenzen. Die vielen Riviers, die Bachläufe, sind zwar trocken, aber sehr ausgewaschen. Bei den hohen Stufen geht man am besten in die Hocke, um die enormen Schläge auf der Hinterachse aufzufangen, doch da wir nicht gut nach vorne sehen können, werden wir oft in die Luft geschleudert.

Hin und wieder steigen auch andere Mitfahrer aus den kleinen Siedlungen auf und ab, die lange Fahrt ist sehr abwechslungsreich. Fast zwei Stunden später fahren wir dann durch die Naukluftberge, eine karge Mondlandschaft. Langsam machen wir uns darüber Gedanken, ob unsere Entscheidung so richtig war. Wir wissen noch nicht einmal, wo unser Tag heute enden wird.

Als unser Fahrzeug uns dann viel später an einer einsamen Kreuzung mitten in der Wüste absetzt, sind wir ganz alleine. Es hilft alles nichts, wir müssen weiter. Langsam bewegen wir uns in Richtung Solitaire, denn in dem zehn Kilometer entfernten Ort gibt es Menschen, Wasser und einen Campingplatz. Die Landschaft ist momentan eher demotivierend, wir können die nächsten vier Kilometer nur unsere Piste und die menschenfeindliche Steinwüste sehen.

Etwas später kommt ein Geländewagen von hinten. Das Auto ist zwar mit Familie vollgestopft, doch die freundlichen Besitzer der „Moon Mountain Lodge“ erkennen unser Problem ohne große Erklärung und fahren uns zur „Solitaire Country Lodge“, die den Campingplatz betreibt. Auch hier werden wir enorm freundlich empfangen – Tramper kommen hier eigentlich nie vorbei. Wir werden sogar gefragt, ob wir Hilfe beim Aufbau unseres Zeltes bräuchten und unser Gepäck wird direkt auf dem Stellplatz abgeladen. Unser Fahrer spendiert uns noch Cola, verabschiedet sich dann und wir sind wieder alleine. Etwas später steht alles und ich verschwinde dann unter der dringend nötigen Dusche. Erstaunt betrachte ich meine rechte Pobacke, die von einem Hämatom komplett schwarz verfärbt ist.

Unsere Platznachbarn – ein junges Pärchen mit Camping-Pickup – geben uns den Tipp, dass wir den Apfelkuchen in der Bäckerei unbedingt probieren müssten, das wäre der Beste in ganz Namibia. Also durchqueren wir den Ort, der aus dem Campingplatz, einer Tankstelle mit Laden und aus der Bäckerei besteht und setzen uns dort in den Garten. Der Apfelkuchen ist wirklich gut, die Getränke müssen wir im General Store an der Tankstelle kaufen. Vom Bäcker wir uns geraten, mit einer Flasche Bier zum Flughafen zu gehen und uns dort auf die Bank zu setzen, um den Sonnenuntergang zu geniessen.

Es ist schon dunkel, als wir dann später unser Essen vor dem Zelt im Schein der Stirnlampe kochen. Wir werden von unzähligen Heuschrecken attackiert und ziehen damit alle Geckos aus der Umgebung an, die neben Insekten offensichtlich auch Reis mögen. Bevor wir die Tiere dann in unseren Schüsseln sitzen haben, ziehen wir es vor, im Dunkeln zu essen – eine spannende Angelegenheit!

Den Rest des Abends verbringen wir mal wieder im Zelt, unzählige Heuschrecken und Grillen sorgen für eine einzigartige Geräuschkulisse. Es wird eine lange Nacht. Ich mache mir Gedanken, wie wir wieder von hier wegkommen, ob überhaupt und wie es ohne Fahrzeug weitergehen soll, falls wir Sossusvlei wirklich erreichen sollten.

 

 

 

29. Januar 2011

Samstag

Sossusvlei

 

Ich bin gerade eingeschlafen, da klingelt unser Wecker. Es ist 6.15 Uhr. Wir wollen früh aufstehen, denn wir wissen noch nicht, was der Tag uns bringt. Wir frühstücken schnell, packen alles zusammen und gehen dann zur Tankstelle, um auf eine Mitfahrgelegenheit zu warten. Wir sitzen zwei Stunden hier, nichts tut sich.

Irgendwann viel später kommt dann ein blauer, umgebauter THW-LKW mit Augsburger Nummer an die Zapfsäule gerollt. Wir fragen und erhalten tatsächlich eine positive Antwort. Rosi, Helmut und Georg fahren in unsere Richtung und haben auch Platz für uns und unser Gepäck. Wir verabschieden uns vom freundlichen Lodge-Besitzer und sind dann wieder unterwegs.

Das große Fahrzeug ist optimal gefedert, die 60 Pistenkilometer bis Sesrim sind vergehen wie im Flug. Da es für alle Beteiligten die günstigste Lösung ist, nehmen wir auf dem teueren Campingplatz von Sesrim einen gemeinsamen Stellplatz und fahren dann erst mal gemeinsam raus in die Dünen. Hier wären wir ohne Fahrzeug nicht mehr hingekommen.

Die erste große Düne, die wir sehen, ist die berühmte Düne 45 direkt neben dem Weg. Der Sandhaufen ist riesig und wunderschön aus rotem Sand geformt.

Auf der Weiterfahrt sehen wir dann auch viele Tiere neben der Straße: Springböcke, Strauße und sehr viele Oryx. 64 Kilometer später kommen wir zu einem großen Platz, hier ist die eigentliche Straße zu Ende und man kann nur noch mit Allrad-Antrieb weiterfahren. Der ist zwar hier vorhanden, doch man müsste die Luft ablassen und das Aufpumpen würde später 45 Minuten dauern. Deshalb entschließen wir uns, mit dem Shuttlebus die letzten fünf Kilometer zu fahren, das kostet zwar 100 N$, spart aber Zeit und Arbeit.

Die nun folgende Piste ist sehr sandig und uneben, die Fahrt mit dem Offroad-Shuttle ist spannend.

Am Vlei angekommen besteigen wir bei Backofentemperaturen die große Düne. Der Sand ist unglaublich heiß und brennt sogar unter den Schuhsohlen noch. Wir wandern eine zeitlang über den Dünenkamm und laufen dann den steilen Hang wieder runter ins Tal. Gegen 16.00 Uhr nehmen wir dann den letzten Shuttle-Bus zurück zum Parkplatz. Unser Fahrer scheint Spaß am Offroad-fahren zu haben, denn wir nehmen nicht den normalen Weg sondern fräsen uns durch Dünen und Weichsand – der Rückweg ist sehr spektakulär. Oft verlieren wir den Kontakt zu unseren Sitzen, bei jeder größeren Erhebung schreit der Fahrer: “Hold on“ – schon beim ersten Mal wissen wir, was er damit meint. Durchgeschüttelt und blaugeschlagen kommen wir wieder an unserem THW-Mobil an, den Rest der Strecke legen wir sanft schaukelnd auf Asphalt zurück. Mittlerweile steht die Sonne schon seht tief und zaubert herrliche Schatten auf die Dünen.

Pünktlich zum Sonnenuntergang kommen wir dann auch am Camp an. Die Wege zu den einzelnen Stellplätzen sind nur mit Allradfahrzeugen möglich, so dick und weich ist hier der Sand. Im Dämmerlicht bauen wir unser Zelt auf und während Peter zu kochen anfängt, laufe ich durch den Sand zurück zur Bar, um 5 Dosen Bier zu kaufen.

Nach Essen und Duschen verbringen wir zu fünft einen geselligen Abend mit viel Bier. Es ist schon nach zwölf, als wir endlich ins Bett gehen – so spät waren wir bisher noch nie an. Die Nacht wird sehr ruhig und warm.

 

 

 

30. Januar 2011

Sonntag

Swakopmund

 

Heute morgen stehen wir früh auf und frühstücken zusammen mit den Augsburgern. Nachdem alles gespült, gepackt und verstaut ist, brechen wir gemeinsam zum Sesrim-Canyon auf. Normalerweise kann man in diesen tiefen und schmalen Canyon auf einer Strecke von einem Kilometer hineinwandern, doch als wir heute morgen dort ankommen, sprudelt ein brauner Fluss durch die Schlucht.

Die Stelle, an der der Fluss nach unten in die Tiefe verschwindet, ist wirklich beeindruckend. Staunend stehen wir am Abgrund, doch sehr lange halten wir uns hier nicht auf, denn die Temperaturen sind heute morgen schon sehr hoch, obwohl es erst 8.00 Uhr ist.

Anschließend setzen uns die Augsburger an der Tankstelle von Sesriem ab, denn sie wollen weiter nach Süden fahren, während wir zurück nach Windhoek wollen. Wir bedanken uns für die Gastfreundschaftlichkeit, verabschieden uns herzlich und stehen dann alleine im Nirgendwo.

Während wir uns im Tankstellenladen mit Getränken und Obst versorgen, kommt ein Mann zu uns. Er gehört nebenan zur Soussous-Lodge und fragt uns verwundert, was wir denn hier alleine ohne Fahrzeug mit Rucksäcken machen würden. Ich erkläre ihm unsere Situation und er kann uns tatsächlich weiterhelfen, denn er kennt jemand, der um 11.00 Uhr nach Swakopmund fährt. Da wollen wir zwar eigentlich nicht hin, aber wir sagen trotzdem begeistert zu. Viel Verkehr ist hier nicht unterwegs und es ist wohl die einzigste Möglichkeit, überhaupt von hier weg zu kommen – egal wohin!

Es ist wirklich 11.00 Uhr, als unser Fahrer mit einem Pick-Up an der Tankstelle erscheint – unafrikanisch pünktlich! Wir legen unsere Sachen auf die Ladefläche und Peter setzt sich dazu, während ich bequem auf dem Beifahrersitz Platz nehme, Die nächsten 300 Kilometer geht es nun über Schotterpiste nach Osten. Am Anfang ist die Landschaft eher eintönig und karg, doch schon der Gaub-Pass ist faszinierend und landschaftlich sehr schön. Etwas später fahren wir dann durch den Kuiseb-Canyon, in dem der Tatsachenbericht „Wenn es Krieg gibt, gehen wir in die Wüste“ entstand. Hier haben während des Kriegs zwei Deutsche in einer Höhle gelebt und sich dort zwei Jahre versteckt. Wir sind von der tiefen Schlucht und von der zerklüfteten Landschaft begeistert. Anschließend folgen wieder 200 Kilometer Steinwüste.

Der Namib-Naukluft-Park ist so leer und karg, dass ich mittlerweile froh darüber bin, dass wir zum Radfahren keine Zeit mehr hatten. Vier Stunden später kommen wir dann mal wieder in Swakopmund an und werden direkt vor der „Desert-Sky-Lodge“ abgesetzt, die wir vor einer Woche verlassen haben.

Wir werden auch ohne Räder sofort wiedererkannt, herzlich empfangen und beziehen dann wieder unsere Campingwiese. Schnell machen wir Bekanntschaft mit den anderen Campern.

Nachdem wir Lebensmittel im Laden eingekauft haben und die zwei Flaschen Bier bei „Köcki’s“ im Pub, gehen wir zurück zur Lodge und kochen, den Rest des Abends verbringen wir in geselliger Runde mit den Anderen auf der Wiese.

Ich gehe um 22.00 Uhr schlafen, weil ich müde bin, doch Peter bleibt noch lange draussen sitzen und unterhält sich mit den Anderen. Ich liege noch lange wach und lausche dem Gespräch, bis ich endlich einschlafen kann.

 

 

 

31. Januar 2011

Montag

Windhoek

 

Obwohl wir heute morgen eigentlich Zeit hätten, stehen wir schon um 7.00 Uhr auf. Auch die Anderen sind schon wach, das frühe Aufstehen ist wohl bei den meisten Tourern hier durch die Temperaturen eingespielt.

Zu fünft frühstücken wir draußen am Picknicktisch, die Unterhaltung geht genauso weiter, wie sie in der Nacht aufgehört hat. Irgendwann müssen wir dann aber doch mit Packen anfangen, denn um 11.00 Uhr fährt der Bus nach Windhoek.

Es dauert nicht sehr lange, bis wir alles eingepackt haben. Wir tauschen noch schnell Emailadressen und Homepages aus, verabschieden uns und wünschen uns noch gegenseitig eine gute Reise. Wir gehen unsere Bustickets abholen und bummeln noch einmal erfolglos durch die Gassen von Swakopmund, bevor wir zum Busterminal gehen.

Diesmal reisen wir luxuriös: unsere Rucksäcke verschwinden im abgeschlossenen Anhänger, im Bus hat jeder einen eigenen Platz für sich ganz alleine. Unafrikanisch pünktlich fahren wir um 11.00 Uhr los, nur vier Stunden später sind wir in Windhoek.

Mit unseren Rucksäcken tappen wir quer durch die Stadt und kommen ohne größere Orientierungsprobleme im „Backpackers Unite“ an, wo wir mal wieder sehr freundlich empfangen werden.

Schnell stellen wir unser Gepäck ab, schlüpfen aus den Turnschuhen in die FlipFlops und machen uns dann sofort wieder auf den Weg in die Stadt, um einzukaufen. Nach einem kurzen Bummel durch die Kunsthandwerkerläden gehen wir dann noch die benötigten Lebensmittel und Getränke für die restlichen drei Tage kaufen.

Als wir aus dem Laden rauskommen, regnet es in Strömen – ein Wolkenbruch mit gigantischen Ausmaßen. Wir warten eine halbe Stunde, dann werden die Wassermassen etwas weniger und wir laufen durch den Regen los. Glücklicherweise haben wir beide die FlipFlops an den Füssen, mit hochgeschlagenen Hosenbeinen kann uns das Wasser von unten nichts anhaben.

Zwei Kilometer später kommen wir triefend nass im Backpackers an und kochen erst mal was zu essen. Den Rest des Abends lassen wir ruhig angehen, da wir beide von den letzten zwei Nächten müde sind.

Peter legt sich nach dem Duschen ins Bett und schläft schon um 21.00 Uhr ein, während ich noch eine Stunde lese. Als auch ich schlafen gehe, tobt draussen schon das nächste Gewitter und wir sind froh, dass wir diese Nacht nicht im Zelt verbringen.

Wie im Backpackers üblich, läuft nebenan der Fernseher noch lange und ich kann nicht einschlafen.

 

 

 

1.Februar 2011

Dienstag

Windhoek

 

Heute morgen schlafen wir aus. Erst um 7.00 Uhr werden wir wach, denn wir haben uns heute keinen Wecker gestellt, da wir nirgends hin müssen. Draußen auf der Straße tobt schon das Leben, es herrscht viel Verkehr.

Wir frühstücken gemütlich und machen uns dann auf den Weg in die Stadt, um für den Weihnachtsmarkt einzukaufen. Unser Ziel ist das Künstlerzentrum. Wie bei allen Künstlerkooperativen in Afrika herrscht auch hier ein ziemlich ungeregeltes Chaos.

Es gibt keine erkennbare Grenze zwischen Werkstätten und Läden und man weiß nie, welcher Mensch für welche Nische zuständig ist. Aber irgendwie findet sich immer alles. Wir haben viel Spaß dabei, unser „Weihnachtsmarktbudget“ einfach auszugeben. Uneingeschränkt wird geguckt, ausgewählt und gekauft. Wir gehen von Laden zu Laden, gucken und kaufen, vergleichen die Preise und laufen auch teilweise wieder zurück.

Es fängt wieder an zu regnen und nachdem wir uns noch schnell mit Milch eingedeckt haben, eilen wir zurück zum Backpacker. Glücklicherweise werden wir heute nicht so nass wie gestern, denn das Gewitter zieht vorbei. Das Kochen haben wir uns heute gespart, denn es gibt Reste von gestern mit Paprikasalat. In der Küche unterhalten wir uns noch eine zeitlang mit dem Namibier aus dem Dorm, dessen Name ich mir nie behalten kann. Ihm geben wir auch den Rest Benzin aus unserem Kocher, da wir das ja nicht mehr brauchen.

Der Rest des Abends verläuft mal wieder gemütlich. Im Zimmer nebenan läuft wie jeden Abend der Fernseher (schon den ganzen Tag), Thomas vom Backpacker und der namenlose Namibier sitzen essend auf dem Sofa – eigentlich auch wie jeden Abend. Wir spielen später noch eine Runde Carcassonne mit ungewöhnlich viel Platz auf dem großen Bett und mit optimalen Lichtverhältnissen, nicht wie jeden Abend!

 

 

 

2. Februar 2011

Donnerstag

Windhoek

 

Heute morgen stehen wir erst um 8.00 Uhr auf, denn es hat die ganze Nacht geregnet und es ist noch immer alles nass. Wir müssen heute die Räder in die Kisten packen, doch dafür muss der Boden trocken sein, unser Zimmer ist zu klein. Ein Blick aus dem Fenster zeigt, dass die enormen Wassermassen der Nacht unseren Pool überflutet haben. Die Straße, die wir sehen können, ist mit Sand und Dreck überspült.

Als wir in die Küche kommen, ist das Hauspersonal da und hat uns Frühstück gemacht. Alle sind wegen des vielen Regens fruchtbar gut gelaunt. Viele Grundstücke sind verwüstet, Dächer sind undicht, überall ist Matsch und Wasser steht in den Häusern, und die Menschen in Namibia freuen sich darüber.

In einem so trockenen Land ist jede Überschwemmung willkommen, mag sie auch noch so viel Arbeit mit sich bringen. Da wir die Räder heute morgen wegen der Nässe nicht einpacken können, gehen wir erst mal auf Weihnachtsmarkt-Shoppingtour. Auch in der Stadt herrscht Chaos: die Flachdächer der Einkaufszentren haben den Wassermassen nicht standgehalten, überall tropft Wasser von den Decken.

Gegen Mittag laufen wir zurück zur Lodge. Wir verkochen die Reste unserer Nahrungsmittel und verbringen dann den größten Teil des Nachmittags damit, die Räder mit Zubehör wieder in Ihre Kisten zu stopfen. Anschließend werden unsere Rucksäcke gestopft, um die restliche Ladekapazität festzustellen.

Alte und überflüssige Kleidung bleibt hier, unter dem Personal findet sie gute Verwendung. Gegen 16.00 Uhr stellen wir dann fest, dass wir doch noch Platz im Rucksack haben, und brechen in die zweite Runde auf. Da die Geschäfte in Windhoek schon um 17.00 Uhr schließen, bleibt uns nicht mehr viel Zeit und wir nehmen ein Taxi zum „Craft Center“. Als wir zurück zum Backpackers gehen, ist es schon 19.00 Uhr und die Straßen in Windhoek sind wie leergefegt.

Wir verbringen den restlichen Abend damit, die Rucksäcke fertig zu packen, da wir das Zimmer um 10.00 Uhr verlassen müssen, wenn wir den nächsten Tag nicht bezahlen wollen. Dies ist die letzte Nacht im Backpackers, zwar schade, doch andererseits freue ich mich auch wieder zuhause aufs bequeme Wasserbett.

 

 

 

3. Februar 2011

Donnerstag

Windhoek – Luftraum

 

Heute morgen ist meine Nacht schon relativ früh zu ende. Um halb acht gehen wir zum Frühstück rüber in die Küche, anschließend packen wir die restlichen Sachen zusammen. Die Kleider, die wir nicht mehr mit nach Hause nehmen, geben wir der freundlichen alten Bügelfrau, die vom Personal den ärmsten Eindruck macht.

Alles andere stopfen wir in die Rucksäcke und sind auch wirklich um 10.00 Uhr fertig damit. Unser sperriges Gepäck können wir im Backpackers zurücklassen, während wir noch einmal zu fuß zurück in die Stadt gehen.

Vorher bestellen wir unser Airport-Shuttel für um 17.00 Uhr zum Backpackers, damit es keine zeitlichen Engpässe gibt.

Wir wandern ein letztes Mal durchs Wohngebiet in die Innenstadt. Diesmal wollen wir uns kulturell weiterbilden. Wir begeben uns auf die Suche nach dem historischen Reiterdenkmal. Wir finden es abseits vom Zentrum – relativ abgelegen direkt vor dem namibischen Museum. Nochmehr Kultur!

Da der Eintritt frei ist, machen wir einen spontanen Ausflug in die namibische Geschichte. Das Ganze fängt mit einer Dokumentation über die Felszeichnungen aus der Steinzeit an, dann gibt es einen Sprung über mehrere tausend Jahre und wir landen in der Neuzeit. Windhoek ist erst 1870 gegründet worden, davor gab es keine Aufzeichnungen.

Das Museum befindet sich in der alten Feste, die leider schon ziemlich zerfallen ist.

Am Nachmittag gibt es noch einmal einen Geschäftebummel, dann gehen wir wieder zurück ins Backpackers. Dort verbringen wir dann noch zwei Stunden wie echte Touristen am Pool.

Um fünf Uhr stehen wir dann – typisch europäisch – mit unserem Gepäck vor der Tür und warten. Zehn Minuten später rufe ich dann noch mal beim Shuttle an, der verspricht mir, dass er in der Nähe und gleich da sei. Zwanzig Minuten später kommt dann Thomas und wundert sich, dass wir noch immer dort stehen. Er ärgert sich übers Taxi und sagt, sein Chef würde uns auch für 300 N$ zum Flughafen fahren können. Wir sagen zu und sind fünf Minuten später auf dem Weg.

Als wir an dem kleinen Flughafen ankommen, geht alles ziemlich reibungslos. Unser Übergepäck wird gekonnt ignoriert, auch die vielen Metallgegenstände im Handgepäck werfen keine Fragen auf. In den Duty-Free-Läden werden wir auch die letzten Namibiadollar los, dann heißt es Warten.

Ganz pünktlich beginnt der Check-in, und ganz untypisch pünktlich heben wir ab. Es sitzen nur ganz wenig Passagiere in der Maschine, so kommt es, dass wir das seltene Glück haben, einen Nachtflug mit Liegeplätzen genießen zu können. Wir haben eine verhältnismäßig stresslose Nacht und können lang liegend viel schlafen.

Der Landeanflug in Frankfurt erfolgt im Dunkeln. Ein Blick aus dem Fenster zeigt, dass das Wetter das Aussteigen nicht wert ist. Leider bleibt uns keine andere Wahl, unser vierwöchiger Sommer ist nun erst mal beendet, der Alltag und der Winter hat uns wieder.

Mal wieder ist für uns klar, dies war nicht der letzte Urlaub auf dem schwarzen Kontinent...

 

STARK GEKÜRZTER REISEBERICHT,

die komplette Version ist im Buch (ab Juni 2012) zu finden.