Busurlaub in Marokko

Dezember 2008

Unser „kleiner Urlaub“ soll uns in diesem Jahr nach Marokko führen. Mit unserem selbst ausgebauten Campingbus wollen wir drei Wochen lang gemütlich durchs Land bummeln – eine Mischung aus Kultur, Radeln, Klettern und Faulenzen ist geplant. Da im Januar bekanntlicherweise in Marokko schon der Frühling weit fortgeschritten ist, freuen wir uns drauf, eine Auszeit von unserem ungemütlichen Winter zu nehmen.

Diesmal haben wir ungewohnten Luxus im Gepäck: ein warmes Bett mit Matratze im Bus, Heizung, Kühlschrank und sogar eine eigene Toilette – wir waren noch nie so komfortabel ausgestattet!

 

 

27. Dezember`08, Samstag

Den ganzen Tag sind wir damit beschäftigt, unsere Sachen zusammenzupacken und die Sachen im Bus zu verstauen, denen der Frost nichts anhaben kann. Am Nachmittag ist es dann vollbracht: der Bus ist voll, das Haus ist fast leer! Nun müssen nur noch die Katzen weg. Luna und Lucky ziehen also zu ihrem Sohn bzw. Bruder Paul ins Nordsaarland, um dort die nächsten drei Wochen als Katzenfamilie zu verleben.

 

 

 

30. Dezember`08, Dienstag

Montpellier

Um 5.30 Uhr klingelt der Wecker, wie an jedem gewöhnlichen Arbeitstag auch. Anstelle von Frühstück heißt es diesmal „Auto einräumen“, dann fahren wir gemeinsam los.

Mein Arbeitstag verläuft dann eher unspektakulär, denn ich habe mir so viele Lücken wie möglich gelassen, um einigermaßen pünktlich Feierabend zu machen.

Um 15.00 Uhr ist es dann endlich soweit, bei Sonnenschein und klirrend kaltem Winterwetter verlassen wir das Saarland und rollen dem Süden entgegen.

Ich fahre die erste Etappe, doch kurz vor Lyon verlässt mich die Motivation, weil dort Regen auf die gefrorenen Straßen fällt und die Autobahn in einen Eiskanal verwandelt. An der nächsten Raststätte machen wir Halt, und nachdem wir über solides Eis zu den Toiletten geschlittert sind, machen wir Fahrerwechsel und Peter übernimmt. Es ist 2.00 Uhr, als wir hinter Montpellier auf einem Rastplatz rausfahren und die heutige Etappe dort beenden. Draußen nieselt es noch immer, als wir uns hinten in den Bus zum Schlafen legen.

 

 

 

31. Dezember´08, Mittwoch

Montpellier

Es ist 8.00 Uhr, als ich wach werde. Peter schläft noch – ich lasse ihn hinten liegen und fahre weiter. Es ist nur wenig Verkehr auf die Autobahn, über uns scheint die Sonne an einem wolkenlosen blauen Himmel und auch die Temperaturen sind schon freundlicher.

Die endlos lange Fahrt entlang der spanischen Mittelmeerküste verläuft unspektakulär. Wir wechseln uns in 500-Km-Etappen ab, da die Strecke ziemlich langweilig ist. Wie schon in Frankreich ist nur wenig Verkehr auf der Autobahn und wir brausen mit einer Höchstgeschwindigkeit von 110 Km/h in den Süden.

Die Zeit drängt, denn Silvester wollen wir bei Freunden von uns in El Chorro feiern. Auf Höhe von Valencia sind wir noch optimistisch, dass wir die Strecke rechtzeitig zum Jahreswechsel zurückgelegt bekommen. Es ist schon 23.00 Uhr, als wir Granada endlich hinter uns lassen und uns wird klar, dass es mit Silvester in El Chorro verdammt knapp wird.

Wir sind jedoch noch relativ optimistisch und brausen weiter bis zum Städtchen Antequera. Von hier aus wollen wir den kürzesten Weg nach El Chorro nehmen – blöd nur, dass wir es im voraus nicht für notwendig gehalten haben, uns eine Landkarte von Spanien zu besorgen. Viel später kurven wir durch die andalusischen Berge und sehen in der Ferne die Silvesterraketen fliegen. Die Straßen werden immer kleiner, ab und zu verschwindet der Asphalt und wir glauben schon nicht mehr an Erfolg, als wir El Chorro dann tatsächlich erreichen.

Durch ein überlastetes Mobilfunknetz ist Kontaktaufnahme zu unseren Bekannten nicht möglich, also tauchen wir einfach orientierungslos ins absolute Chaos El Chorro ab! Die Straße ist sehr schmal, Schilder sind durch die ganzen Menschen nicht zu erkennen. Wir kämpfen uns durch die engen Gassen, die von Feiernden belagert werden und die erste Haltemöglichkeit, die wir finden, ist auf einem Parkplatz direkt neben der Eisenbahnlinie. Hier herrscht absoluter Trubel: überall Menschen, die teilweise zusammen auf dem Boden sitzen, parkende Autos, laute Musik, und hupende Autokorsos, die das kleine Dorf beleben.

Zwischen anderen Camping-Autos finden wir auch noch ein Plätzchen für unseren Bus – von der Länge her zwar nicht ganz so optimal, aber es wird schon niemand an unseren Rädern hängen bleiben, da diese doch durch die Warntafel hervorstechen. Wir sind noch nicht ausgestiegen, da wird uns schon in allen möglichen Sprachen ein frohes, neues Jahr gewünscht.

Durch Zufall treffen wir unsere Bekannten auf der Straße und feiern dann Silvester bin um 4.00 Uhr. Nachdem wir uns verabschiedet haben, bleiben wir einfach an den Bahngleisen stehen, die Suche nach einem Übernachtungsplatz scheint uns zu stressig.

 

 

 

01. Januar ´09, Do

Martil

Als wir heute morgen wach werden, ist es schon halb zehn. Noch immer hören wir Musik draußen und ein erster Blick aus der Schiebetür zeigt, dass das Wetter es mal wieder gut mit uns meint. Da wir nun sowieso schon mal hier sind, wollen wir uns noch den legendären „camino del rey“ anschauen – so eine Art Klettersteig.

Als wir uns den Weg durchs Dorf bahnen, staunen wir: überall auf den Straßen stehen VW-Busse und andere mobile Unterkünfte und dem Ort ist deutlich anzusehen, dass hier heftig gefeiert wurde. Die Musik spielt noch immer, im Straßengraben stehen aufgebaute Zelte und wir sehen überall Leute aus ihrem Nachtlager kriechen – mehr oder weniger fit. Angeblich führt uns unser Weg direkt am Campingplatz von El Chorro vorbei, doch der ist durch die ganzen wilden Camper nicht zu sehen; das ganze Dorf schein ein einziger, riesiger Übernachtungsplatz zu sein. Wir finden auf einem kleinen Platz eine Lücke für unseren Bus. Mit Bandschlingen und Klettergurten bewaffnet machen wir uns auf den Weg zum „Camino“. Durch den langen und steilen Zustieg werden wir auch sofort wach und kommen bei angenehmen Frühlingstemperaturen auch schnell ins Schwitzen.

Als wir dann an unserem Ziel ankommen, sind wir erstaunt: der Weg hat seine besten Zeiten eindeutig hinter sich, denn vom „Einstieg“ sind nur noch die Metallstreben vorhanden, über die man sich in luftiger Höhe fortbewegen muss. Die Ausgesetztheit ist beeindruckend, eine komplette Absicherung ist nicht möglich!

Später fahren wir dann weiter nach Süden. Die Strecke bis nach Malaga beträgt zwar nur 50 Kilometer, die sich aber ins Unendliche ziehen – wir kriechen über schlechte, schmale Straßen im Slalom durch die andalusischen Berge! In einem kleinen Dorf kurz vor der Autobahn gelingt es uns, trotz Feiertag Brot zu kaufen, die Versorgung ist gerettet!

Kurz vor Algeciras halten wir an einer der Ticketbuden, um ein Fährticket nach Ceuta zu kaufen. Entsetzt stellen wir fest, dass der uns genannte Preis um ein fünffaches höher ist als im letzten Jahr. Wir müssen den hohen Preis von 270 Euro für die Hin- und Rückfahrt bezahlen. Wir erfahren dass der Grund für die Dumpingpreise im letzten Jahr ein Konkurrenzkampf der Fährunternehmen war, um sich gegenseitig zu ruinieren.

Die letzten Kilometer bis zum Hafen sind schnell zurückgelegt, und auch den Weg zum Terminal finden wir ohne große Schwierigkeiten. Wir fahren zur Ablegestelle, und stellen uns auf den Platz. Hinter uns in der Warteschlange steht ein alter Mercedesbus mit bayrischer Nummer. Die beiden Bayer sind mit ihrem Riesenhund unterwegs nach Marokko und wir haben viel Zeit, uns zu unterhalten. Da unsere neuen Bekannten mit einer anderen Fährgesellschaft unterwegs sind und eine halbe Stunde früher losfahren, verabreden wir uns für später auf einem Campingplatz in Martil.

Unsere Überfahrt verläuft stressfrei und in weniger als einer halben Stunden haben wir afrikanischen Boden unter den Füssen. Ceuta ist uns noch von der letzten Tour bekannt. Wir machen uns zollfrei Tank und Kanister voll und fahren dann weiter zur marokkanischen Grenze.

Hier scheint diesmal nicht soviel Betrieb zu sein – es ist ja auch schon spät und wird dunkel! Peter verschwindet mit den Grenzpapieren in Richtung der Buden, da er die Prozedur vom letzten Jahr noch kennt – ich warte im Bus.

Am Zoll interessiert sich niemand für unser Gepäck und wir sind schnell durch. Als wir dann auf marokkanischer Seite hinter der Grenze stehen, ist es schon dunkel. So schnell es der Verkehr zulässt, fahren wir nach Martil. Doch leichter gesagt als getan! Offensichtlich hat es hier im Laufe des Tages sehr stark geregnet, denn nun steht überall die Straße ordentlich unter Wasser. Einige Pfützen sind so tief, dass wir uns über die große Bodenfreiheit unseres Busses richtig freuen.

Der Ort Martil ist leicht zu finden, für den abgelegenen Campingplatz brauchen wir dann aber ein bisschen länger und es ist schon dunkle Nacht, als wir unseren Stellplatz neben einem schweizer Pärchen mit VW-Bus in Beschlag nehmen.

Von den Bayern ist noch nichts zu sehen – offensichtlich haben wir den Platz doch recht schnell gefunden!

Wir sind schon am Kochen, als der tauberbischofsheimer „Zugvogel“ neben uns auf den Platz rollt. Erleichtert kommen die Beiden aus dem Auto, Hund Sabi wird von den „Hymerern“ ziemlich kritisch durchs Fenster betrachtet. Nach dem großen Hallo sitzen wir zusammen mit den Schweizern zwischen den Bussen und unterhalten uns noch lange. Die Tauberbischofsheimer haben beruflich in Marokko zu tun, und Robert und Nadine aus der Schweiz sind zum ersten Mal hier. Es ist schon wieder weit nach Mitternacht, als sich unsere Runde auflöst.

 

 

 

 

 

2. Januar ´09, Freitag

Meknes

Als wir zum ersten Mal wach werden, ist es erst 5.00 Uhr und der Muezzin ruft. Unser Campingplatz befindet sich in unmittelbarer Nähe zu einer Moschee und der erste Aufruf zum Gebet ist kaum zu überhören. Ich drehe mich um und schlafe sofort wieder ein. Als ich dann zum zweiten Mal wach werde, zeigt die Uhr kurz nach 9.00 Uhr an und draussen ist es schon hell. Wir stehen auf und machen Frühstück, während die Schweizer schon aufbrechen. Auch die „Zugvögel“ aus Bayern lassen es erst einmal gemütlich angehen und es wird erst mal warm geduscht. Noch krebsrot vom heißen Duschwasser rollen wir am Spätvormittag zusammen vom Platz – die Bayern in Richtung Marrakesch und wir nach Meknes.

Der Himmel ist heute ziemlich grau und es sieht nach Regen aus. Wir schlängeln uns durch das wolkenverhangene Rif-Gebirge in Richtung Chefchaouen und weiter bis nach Meknes. Unser erstes Ziel auf dem Weg ist die antike Römersiedlung Volubilis.

 Volubilis ist die größte römische Ausgrabungsstätte in Marokko. Bereits unter den Khartagern war diese Region besiedelt. Volubilis liegt am Fuße des Djebel Zerhoun und war in seiner Blütezeit von 10000 Menschen bewohnt und von 40 ha Ölbaumpflanzungen umgeben. Es wurde um das Jahr 25 n Ch. gegründet. Mitte des 3. Jahrhunderts wurde die Stadt von den Berbern eingenommen, bis es 792 verlassen wurde und verfiel.

Am Nachmittag kommen wir dort an und am Himmel hängen schon dunkle Wolken, als wir uns die Ausgrabungsstätte ansehen. Tief beeindruckt wandern wir über den Hügel: eine so große Fläche Ruinen haben wir uns hier nicht vorgestellt. Überall stehen Säulen, teils von Storchennestern gekrönt. Der Triumphbogen ist noch komplett erhalten und auch vom Kapitol steht noch sehr viel. Das beeindruckendste sind aber die vielen Bodenmosaiken, die noch sehr gut erhalten sind.

Während wir durch die Ruinen wandern, fängt es an zu regnen – tropfend nass sehen wir uns alles in Ruhe an. Als wir wieder am Auto stehen, ist es schon später Nachmittag und wir müssen uns beeilen, um Meknes noch bei Tageslicht erreichen zu können. Als wir die Stadt erreichen, taufen wir sie spontan in „Stadt ohne Schilder“. Nur am dichten Verkehr können wir erahnen, dass wir uns schon durch die Innenstadt schieben – ohne je ein Ortschild gesehen zu haben. Hier herrscht absolutes Chaos und Polizisten versuchen einen Infarkt zu verhindern.

Ohne jegliche Orientierung schlängeln wir uns durch die Gassen, und auch unser GPS hilft uns nicht weiter, da wir ständig von hohen Stadtmauern umgeben sind, hinter denen wir den Campingplatz vermuten. Im Dunkeln fragen wir einen Polizisten nach dem Weg. Dieser ist sehr freundlich und erklärt auch uns – wie offensichtlich schon vielen Anderen – den Weg zum Platz.

Als wir endlich an der Rezeption stehen, hat unser Nervenkostüm gewaltig Federn lassen müssen – eine 30minütige Irrfahrt ist beendet. Einchecken können wir erst am nächsten Morgen, da im Moment keine Formulare da sind. Im Dunkeln suchen wir uns einen Stellplatz auf dem großen, bepflanzten Innenhof. Wir können nicht sehr viel erkennen, nur, dass wir hier nicht alleine sind!

Nach einer üppigen Mahlzeit aus Semmelknödeln, Rotkraut und Soße legt Peter sich sofort zum Schlafen hin, während ich noch lange den Reiseführer wälze. Als ich mich später auch hinlege, werde ich von den Regentropfen gemütlich in den Schlaf getrommelt.

 

  

 

3. Januar ´09, Samstag

Meknes

Als wir heute morgen wach werden, hat es aufgehört zu regnen. Wir setzten uns zum Frühstück nach draußen und genießen die Morgensonne. Anschließend wollen wir uns Meknes ansehen. Die Stadt ist eine der vier Königsstädte und hat ca. 500000 Einwohner.

Vom Campingplatz aus müssen wir etwa zwei Kilometer an der Stadtmauer entlang wandern, bis wir die Altstadt erreicht haben. Der zentrale Platz befindet sich direkt hinter einem großen Stadttor, wohl die bekannteste Sehenswürdigkeit von Meknes. Dahinter tauchen wir dann in die Souks ab, die hier noch sehr ursprünglich sind. Touristen sind hier kaum zu finden, es gibt hauptsächlich Dinge zu kaufen, die man fürs tägliche Leben braucht. Hier finden wir auch Holzlöffel für unsere Teflonpfanne, denn schon heute morgen beim Rührei hat sich herausgestellt, dass unser Plastiksalatbesteck zum Umrühren nicht so ganz geeignet ist.

Später tauchen wir wieder aus den engen Gassen auf und setzen uns in eins der Restaurants auf dem großen Platz. Während wir am essen sind, läuft der Himmel zu und es fängt wieder an zu regnen.

Etwas später setzen wir in einer Regenpause unseren Stadtbummel fort und können den Campingplatz vor dem nächsten Guss noch gerade so erreichen. Wir sitzen im Bus und warten drauf, dass es aufhört zu regnen. Es ist erst früher Nachmittag und wir sind noch voller Tatendrang.

Da wir das Ende der Schauer nicht abwarten können, wollen wir ein Taxi zum staatlichen Kunsthandwerkermarkt nehmen. Etwas ratlos stehen wir im Schutz des Steintores vor dem Campingplatz und warten auf ein Taxi, und wieder haben wir Glück: ein ganz normales Auto hält an und möchte uns zur genannten Adresse bringen – einfach so!

Als wir am Centre Artisanal ankommen, sind wir etwas enttäuscht, denn hier gibt es nicht so viel zu sehen wie erwartet. Die meisten Handwerker scheinen heute frei zu haben, die Werkstätten sind geschlossen. Wir haben eine Idee, wie wir zu fuß den Weg zum Campingplatz finden können und wandern die drei Kilometer wieder zurück.

Da wir auch jetzt wieder an etlichen Geschäften vorbeikommen, ist es schon dunkel, als wir unseren Bus erreichen. Die ganze Nacht plätschern Regentropfen auf unser Dach – es wird Zeit, dass wir in den Süden kommen!

 

4. Januar ´09, Sonntag

Meski

Als wir heute morgen wach werden, regnet es noch immer! Die Sonne geht gerade erst hinter den Wolken auf und es ist noch fast dunkel, als wir frühstücken. Schon nach einer halben Stunde sind wir aufbruchbereit. Wir bezahlen den Campingplatz und machen uns auf den Weg.

Im Regen bahnen wir uns den Weg nach Süden und hoffen, dass das Wetter besser wird – doch je näher wir dem Mittleren Atlas kommen desto dunkler wird es.

Im großen Gebirgsdorf Azrou gibt es dann wie im Vorjahr Orientierungsschwierigkeiten, denn hier ist noch immer Großbaustelle! Fußgänger helfen uns, den richtigen Weg aus dem Dorf zu finden.

Die nächste große Überraschung erleben wir, als der Regen durch Schnee ersetzt wird. Schon auf halber Strecke zum Pass haben wir eine geschlossene Schneedecke auf der Straße. Wir sind froh, als wir die Passhöhe des „Col du Zaz“ mit 2.170m Höhe endlich erreichen. Während wir auf der anderen Seite wieder talwärts fahren, wird auch die Schneedecke wieder dünner. Als wir dann wenig später auf der Hochebene von Midelt ankommen, haben sich Wetter und Klima komplett verändert: links und rechts von der Straße haben wir schon wüstenähnliche Vegetation, das Thermometer zeigt stolze 17 Grad an!

In dem Dorf Midelt, erleben wir dann eine Überraschung, mit der wir absolut nicht gerechnet haben: die beiden Schweizer vom Campingplatz in Martil kommen uns mit ihrem Bus entgegen und winken uns hektisch zu. Wir fahren rechts ran, die Beiden drehen um und kommen zu uns. Im Gespräch erfahren wir, dass sie sich Marokko ganz anders vorgestellt haben und mit den Straßen und der Sprache nicht so klar kommen. Nun sind sie unglücklich, da auch das Wetter nicht so mitspielt und überlegen, ob es nicht besser ist, wieder nach Hause zu fahren.

Wir machen ihnen den Vorschlag, mit uns in den Süden zu fahren, wo auch das Wetter besser ist, und begeistert sagen sie zu. Nun geht es also mit zwei VW-Bussen und zu Viert weiter.

Als wir dann den Hohen Atlas überquert haben, wir es plötzlich Sommer. Bei 18 Grad scheint die Sonne an einem wolkenlosen, blauen Himmel.

Zum Übernachten streben wir den Campingplatz „Source bleu de Meski“ an – eine fruchtbare Oase im Ziz-Tal. Als wir endlich von der Landstraße, wo die Gegend noch wüstenähnlich und eintönig ist, ins Ziz-Tal abbiegen, sind wir überrascht, in einer grünen, mit Palmen bewachsenen Oase zu landen – und das, obwohl uns jeder davon erzählt hat!

 

Hier ist eine Quelle gefasst worden und fließt durch mehrere Steinbecken, die als Schwimmbad genutzt werden, in die Oasengärten. Überall wachsen hohe Dattelpalmen. Zwischen den Palmengärten liegt der Campingplatz und einige Souvenirläden.

Wir sind glücklich über dieses Paradies und für die Schweizer ist die Welt wieder in Ordnung. Nach einigem Rangieren unter den Palmen sind die Autos eben abgestellt und wir gehen auf Erkundungstour. Nachdem wir uns die Schwimmbecken der Quelle direkt auf dem Platz angesehen haben, wollen wir zur alten Kasbah von Meski – der Altstadt, die auf der anderen Flussseite auf dem Hügel liegt.

Von einem Kind begleitet wandern wir durch die Gärten im Flusstal, überqueren das Wasser auf den Stämmen von zwei gefällten Palmen und klettern auf das Felsplateau. Von dem alten Meski steht nicht mehr besonders viel, die Lehmwände zerfallen schnell, wenn nichts mehr dran ausgebessert wird.

Wir wandern durch die verlassenen Ruinen und sehen uns dann den Felsabbruch auf der Seite des Flusses an.

Als wir zurück zum Campingplatz gehen, wird es schon langsam dunkel. Wir wollen unser Abendessen kochen. Doch vorher müssen wir noch das völlig durchnässte Tarp von Robert und Nadine zwischen den Bussen aufspannen, damit es endlich mal trocknen kann. Nach dem Essen sitzen wir noch lange draußen und tauschen Urlaubserfahrungen aus, doch irgendwann kommt die Kälte und treibt uns in die Busse. Kaum liege ich flach, da bin ich auch schon eingeschlafen. 

 

 

 

5. Januar ´09, Montag

Erg Chebbi

Mit dem Aufstehen lassen wir uns heute morgen Zeit, bis die Sonne aufgegangen ist, denn dann ist es etwas wärmer. Mal wieder schaffe ich es nicht, unter die kalte Dusche zu gehen, ich beschließe nach dem Zehenspitzentest, dass es damit noch etwas Zeit hat.

Wir frühstücken gemütlich in der Sonne und machen uns dann mit den beiden Bussen in Richtung Süden auf.

Kurz vor Merzouga biegen wir dann nach links Richtung Dünen ab und die weite, flache Strecke auf beiden Seiten des Asphalts läd dazu ein, den festen Boden sofort zu verlassen.

Uns juckt es in den Reifen – zu groß ist die Versuchung, einfach nach links ins Nichts zu fahren. Hinten im Bus wird alles noch schnell „schüttelsicher“ verstaut, dann geht es ab auf ein breites, gutes Pistenbündel.

Am Anfang rappelt es noch gewaltig in den Schränken, doch nach einigen Unebenheiten hat sich alles an den richtigen Platz geschüttelt und es geht leiser weiter. Schnell haben wir die hohen Dünen des Erg Chebbi erreicht, nun müssen wir nur noch einen Schlafplatz finden. Da hier sehr viele „Fremdenführer“ auf sehr wenig Touristen kommen, ist an ungestörtes Campen irgendwo nicht zu denken, denn wir wollen nicht unbedingt auf den sehr weichen Pisten weiter fahren. Der leere, sandige Hinterhof der „Auberge Sahara“ entspricht unseren Vorstellungen vom naturnahen Camp.

Außer uns wohnt hier noch eine schweizer Familie mit zwei kleinen Kindern und ein älteres deutsches Ehepaar, die ihr Wohnmobil bis hierher durch den Sand gequält haben. Wir suchen uns einen schönen Platz unter Dattelpalmen und richten uns ein. Erst einmal werden die dicken Kleider abgelegt und FlipFlops an die Füße gezogen, denn hier ist Sommer.

Später spazieren wir durch den Sand zur großen Düne. Als wir dann endlich auf deren Gipfel angekommen sind, gesellt sich auch unser schweizer Nachbar mit seiner acht Monate alten Tochter zu uns. Während wir uns unterhalten und die schöne Aussicht genießen, krabbelt das Baby fröhlich auf allen Vieren im Wüstensand umher und ist glücklich in dem großen Sandkasten.

Kurz vor Sonnenuntergang gehen wir schnell wieder zu unserem Camp zurück, denn es wird mal wieder schnell kalt. Als erstes geht es nun endlich mal unter die Dusche, zwar kalt, aber anschließend sind wir gründlich entsandet und deutlich erfrischt.

Völlig ausgehungert ziehe ich mich in den Bus zurück, um Abendessen zu kochen, doch hier dann direkt der große Schreck: wir haben keinen Strom im Bus!

Nach genauer Inspektion stelle ich fest, dass unser Kühlschrank bei 12 V soviel Strom zieht, dass die montierte Steckdose unbrauchbar durchgeschmort ist. Während die Männer mir die Lampen halten, fange ich an, die Elektrik neu zu verlegen. Robert findet noch Ersatzkabel bei sich im Auto, die ich benutzen kann, um den Defekt zu überbrücken und eine neue Verteilerdose einzubauen. Nach kurzer Diskussion mit Robert ist geklärt, wie Plus und Minus wo angeklemmt werden, kurze Zeit später haben wir wieder Licht und Strom im Bus.

Ich bin um einige Erfahrung beim Abisolieren mit Küchenbesteck reicher geworden – das Kabel dafür um einige Zentimeter kürzer. Und es ist klar: rot ist gleich gelb und 12 V bringen einen nicht um, sondern ermahnen lediglich zur Vorsicht!

Nun endlich kann es den wohlverdienten Reis geben, doch während dem Essen stellt sich raus, dass die heutigen Reparaturarbeiten noch nicht abgeschlossen sind. Roberts Campingstuhl geht in die Knie – wir müssen wieder zur Werkzeugkiste aufs Dach und dann wird mit Rotwein, Dosenbier, Bierdosen und Draht fleißig weitergebastelt.

Als es dann wirklich Zeit zum Schlafen ist, sind alle technischen Probleme beseitigt und wir können den Abend mit gutem Gewissen beenden.

 

 

 

6. Januar ´09, Dienstag

Tinehir – Todrhaschlucht

Heute morgen werden wir um halb sieben von unserem Wecker geweckt, da wir uns den Sonnenaufgang in den Dünen ansehen wollen. Ein Blick aus dem Fenster zeigt uns, dass es draußen noch zu Dunkel zum Aufstehen ist. Im Zehnminutentakt werden wir immer wieder von unserem Wecker dazu genötigt, die Augen zu öffnen und aus dem Fenster zu gucken – um 7.10 Uhr hat der Alarm gewonnen und wir kriechen frierend aus dem Bett, um uns in der Morgendämmerung anzuziehen.

Nun müssen wir uns beeilen, um den Sonnenaufgang nicht zu verbummeln. Im Eiltempo ziehen wir uns die Kleider über und hetzen in die Dünen, gerade noch rechtzeitig!

Nach einer ausgiebigen Fotosession mit phantastischem Licht kehren wir zum Frühstück ins Camp zurück. Die Zeit, die wir durch das frühe Aufstehen gewonnen haben, verbummeln wir gekonnt beim Kaffeetrinken, so dass wir wieder relativ spät in die Gänge kommen.

Spontan entscheiden wir uns dazu, die Pistenvariante zurück nach Erfoud zu versuchen. Zuerst jedoch fahren wir noch mit den Bussen durch den Sand bis zur großen Düne, um dort Fotos zu machen. Unsere Männer sind nun in ihrem Element und Robert schafft es ganz problemlos, den T3 in der nächsten Düne rückwärts einzugraben.

Mit viel Gelächter und Schieberei ist der Gelbe bald wieder frei und wir ziehen weiter. Wir fahren voraus und kümmern uns um die Orientierung – fast immer erfolgreich! Da die Hauptpiste oft sehr wellig und ausgefahren ist, ziehen wir es oft vor, neben der Piste auf dem flachen Boden zu fahren. Irgendwann ist diese dann ganz aus dem Sichtfeld verschwunden und es bleibt uns nichts anderes übrig, als uns auf unser GPS zu verlassen, das zumindest die Position von Erfoud kennt.

Nach über 15 Pistenkilometern kommen wir auf die asphaltierte Hauptstraße und wundern uns, dass uns hier keine Autos begegnen. An den Straßenrändern sehen wir die verwaisten Stände von Mineralienhändlern. An einer großen Ausstellung halten wir an und es dauert recht lange, bis mal jemand hinzukommt. Die Mineralienhändler sind froh über unseren Besuch, denn so wie sie sagen, war schon lange niemand mehr da gewesen.

Überrascht fahren wir weiter nach Norden und kommen ziemlich schnell voran – bis wir an einer kleinen Hügelgruppe erstaunt anhalten: Direkt vor uns liegt Erfoud, doch zwischen uns und den Häusern fließt ein 25m breiter Fluss, über den keine Brücke führt!

Ratlos stehen wir da und sehen auf der anderen Seite PKW´s, die dort am Ufer parken. Ein Geländewagen kommt aus der Stadt heraus, fährt ins tiefe Wasser und durchquert die Furt vor unseren Augen. Tief beeindruckt sehen wir das Wasser spritzen!

Die Einheimischen überzeugen uns davon, dass eine Überquerung auch mit Bussen möglich ist. Ich wandere mit der Videokamera zu Fuß durch die kalten Fluten, um die Strecke mit ihren Schlaglöchern zu inspizieren und das Ganze auf Video festzuhalten – meine Beine werden bis zu den Knien nass!

Angespannt sehe ich zu, wie Peter zuerst das Wasser durchquert, unser Bus verschwindet bis über die Türkante unter Wasser, kommt aber ohne Probleme mit sprudelndem Auspuff bis ans andere Ufer. Auch der schweizer T3 meistert die Passage ohne Probleme, Nadine sitzt auf dem Beifahrersitz und hält sich die Augen zu!

Glücklich geht es auf der anderen Seite weiter zur Ortsmitte – nun wissen wir auch, warum die Asphaltstraße zu den Dünen so leer war. Im Dorf kaufen wir Brot und füllen unsere Wasservorräte wieder auf, dann fahren wir nach Westen in Richtung Todrhaschlucht. Die Landschaft ist während der nächsten 100 Km eher unspektakulär – Steinwüste ohne irgendwelche Sehenswürdigkeiten.

Das einzigste Highlight – die architektonische Meisterleistung „Himmelstreppe“ – verpassen wir natürlich. Dieses Kunstwerk soll sich irgendwo recht von uns in der Nähe der Straße befinden, doch wir übersehen die Kreuzung und merken das erst 20 Kilometer später. Egal, wir drehen nicht mehr um und fahren weiter zielstrebig nach Westen.

Ab Tinehir wird dann auch das Wetter wieder schlechter: kälter und bewölkt. Auf einer schmalen Asphaltstraße biegen wir entlang des Flusses Todrha ab und dann weiter durch die Felsschlucht nach Norden. Hier sind wenige Touristen unterwegs und auf dem Campingplatz „Atlas“ stehen nur zwei andere Autos.

Nachdem wir die Busse abgestellt haben, machen wir einen Spaziergang durch die Siedlung, um uns etwas zu bewegen. Leider fängt es an zu regnen, während wir unterwegs sind, so dass es uns relativ schnell wieder zurück auf den Campingplatz treibt. Mittlerweile ist es auch schon spät und die Sonne geht gerade unter, als Peter und Robert versuchen, die Plane zwischen den zwei Bussen zu verspannen – als Kälte- und Wetterschutz.

Den Rest des Abends sitzen wir dann mal wieder gemütlich zusammen, bis die Kälte uns am späten Abend ins Bett treibt.

Als wir schlafen gehen, scheint mal wieder ein klarer Mond über uns und verspricht uns gutes Wetter. 

 

 

 

7. Januar ´09, Mittwoch

Dadesschlucht – ziemlich weit oben

Im Morgengrauen werden wir heute morgen wach – zitternd! Peter kann sich als Erster dazu überwinden, aus dem Bus in die Kälte zu gehen und bewundert die Eiskristalle auf dem Dach. Ich lese im Auto, bis die Sonne entgültig aufgegangen ist, dann komme auch ich zum frühstücken raus.

Es dauert ziemlich lange, bis wir endlich in die Gänge kommen, denn wir unterhalten uns noch mit den anderen Reisenden auf dem Platz, die uns erzählen, dass die Todrhaschlucht nicht komplett fahrbar ist, weil ein Teil der Straße weggespült wurde.

Während wir uns unterhalten, sehen wir staunend zu, als eine ältere Deutsche mit der Schere aus ihrem Wohnmobil kommt, und anfängt, die Sträucher in den Grünanlagen zu beschneiden.

Wir starren sie wohl ziemlich ungläubig an, denn sie kommt zu uns und erklärt uns entschuldigend, dass sie den Angestellten nun schon seit 20 Jahren zeigen muss, wie die Sträucher richtig geschnitten werden.

Kurz drauf machen wir uns auf den Weg in die Schlucht, denn wir wollen den engen Eingang sehen und versuchen, so weit wie möglich hinein zu fahren. Etwas erstaunt bezahlen wir am Eingang der Schlucht die geforderten 5 Dirham zum Erhalt der Straße, dann geht es los.

Die teilweise asphaltierte Straße führt zwischen engen, steilen Felswänden hindurch. In engen Kurven winden wir uns um die Felsen durch das Tal aufwärts, ab und zu müssen wir den Fluss durch eine Furt durchqueren, es herrscht jedoch kaum Verkehr, so dass wir das ganze Tal für uns alleine haben.

Irgendwann kommen wir dann an die Stelle, an der die Straße weggespült wurde, doch wir haben schon wesentlich schlimmeres erlebt und meistern die Hürde ohne Probleme. Die Wasserdurchfahrten machen ziemlich viel Spaß: wir fotografieren, filmen und genießen.

Nach etliche Kurven und Furten haben wir dann den Ort Tamtattouchte erreicht. Noch immer sind die Kinder hier wesentlich aufdringlicher als sonst wo in Marokko – es ist für uns unmöglich, eine stressfreie Fotopause einzulegen, so dass wir ohne anzuhalten wenden und den Rückweg ins Tal antreten.

Als wir wieder am Eingang der Schlucht angekommen sind, wimmelt es hier nur so von Touristengruppen, die hier mit Bussen hingekarrt werden. Froh darüber, hier alles am Morgen in Ruhe gesehen zu haben, fahren wir zurück zur Hauptstrasse in Tinehir.

Da es noch relativ früh am Tag ist, wollen wie doch noch rüber zur Dades-Schlucht fahren – ein Pistenrundweg ist im Moment auch nicht mit einem Allradfahrzeug machbar, da zuviel Wasser die Piste weggespült hat.

Unser nächster Haltepunkt ist jedoch in Tinehir die Tankstelle, denn Roberts Bulli ist leer. Nach allgemeinem Auftanken mit der VISA-Karte gehen wir auf die andere Straßenseite in eine Bank, um Dirham zu wechseln. Ich habe beim Bargeldtausch keine Probleme, doch Roberts Kreditkarte verschwindet ohne Vorwarnung im Automaten!

Ich gehe als Übersetzer mit ins Bankgebäude und erkläre die Situation, wir bekommen die Karte sofort wieder, das Problem ist bekannt. Robert bekommt sein Bargeld auch so in der Bank ausbezahlt, jetzt brauchen wir nur noch einen Supermarkt, dann können wir weiterfahren.

Wir finden einen relativ gut sortierten Laden und decken uns mit Grundnahrungsmitteln wie Wasser, Eier und Brot ein. Natürlich finden wir auch kurioses wie zum Beispiel eine komplette Riesenkäsekugel, die wir auch mitnehmen.

Als wir an den Eingang der Dades-Schlucht kommen, ist zwar hier strahlend blauer Himmel, doch unser Thermometer zeigt eindeutig Winter an. Bei +4 Grad Celsius fahren wir in die enge Schlucht ein und dann geht es mit unendlich vielen Kurven ständig weiter nach oben.

Wir sehen wunderschöne Dörfer und einmalige Felsformationen, auch hier gibt es anscheinend kaum Tourismus. Da wir bei diesen Temperaturen nicht ganz bis aufs Plateau fahren wollen, entscheiden wir uns, beim Restaurant „Taghia“ auf knapp 2000 Höhenmetern zu übernachten.

Wir stellen die Busse auf einem flachen Platz direkt am Dadesfluss ab und werden von den netten Berbern erst einmal zum Tee eingeladen. Da die von uns bestellte Fleisch-Tajine über eine Stunde schmoren muss, haben wir eine nette Unterhaltung mit den beiden Berbermännern, dürfen sogar die Küche fotografieren und noch mehr Tee trinken.

Es wird ein sehr netter Abend mit Familienanschluss – für die Schweizer die erste „echt-marokkanische“ Erfahrung.

Eisige Temperaturen treiben uns schon um 21.00 Uhr ins warme Bett in die Busse, heute legt niemand Wert drauf, noch lange Draußen zu bleiben. Es herrscht eine unheimliche Stille unter dem klaren Himmel, selbst vom Dades ist kein Plätschern zu hören.

 

 

 

 

8. Januar ´09, Donnerstag

Ouazzazate

Als ich heute morgen um 7.00 Uhr zitternd wach werde, ist es noch dunkel draußen und das Thermometer zeigt –7,5 Grad an – im beheizten Auto! Ich bleibe bibbernd noch zwei Stunden unter der warmen Decke liegen, bis auch die Anderen wach sind und es Draußen hell wird.

Frühstück besteht heute morgen aus einer Tasse Kaffee und einem Müsliriegel windgeschützt im Bus.

Irgendwann kommen wir dann auf die Idee, uns zu bewegen, denn obwohl es mittlerweile hell ist, steigen die Temperaturen einfach nicht über –6,5 Grad an. Wir wandern zügig in die tiefe Schlucht des Flusses und treffen am nächsten Haus Iphrahim wieder, der uns schon am letzten Abend Gesellschaft geleistet hatte.

Nun gibt es zuerst mal wieder eine Tasse Tee, währenddessen werden die Finger warmgetrommelt, denn ich probiere die verschiedenen Trommeln aus, von denen ich eine kaufen möchte. Auch Iphrahim greift zur Trommel und schnell finden wir zu einem gemeinsamen Rhythmus.

Nachdem die Geschäfte abgeschlossen sind – mir wird nachgesagt, ich handele wie eine Berberfrau – bekommen Nadine und ich noch je einen Armreif zur Freundschaft geschenkt. Herzlich verabschieden wir uns, dann trennen sich unsere Wege, denn wir wollen uns noch die Schlucht ansehen.

Der Besitzer des Restaurants erklärt uns, dass etwa drei Kilometer nördlich von hier ein Souk wäre, wo wir frisches Gemüse kaufen könnten. Auf dem Markt werden wir neugierig von den Einheimischen begutachtet: hier kaufen wohl nicht so viele Touristen. Wir kaufen Couscous und frisches Gemüse, bezahlen für ein Kilo gerade mal 10 Dirham!

Unten in der Schlucht wird es einfach nicht wärmer, wir haben noch immer –5 Grad, als wir über die spektakuläre Passhöhe fahren. Da dieser Weg für uns eine Sackgasse ist, sehen wir uns von oben die wunderschöne Landschaft an und fahren dann wieder zurück.

Unser Tagesziel für heute ist der öffentliche Campingplatz in Ouazzazate, etwa 160 Km von hier entfernt. Wir fahren südlich am Atlasgebirge entlang und haben eine sehr schöne Aussicht auf die schneebedeckten Berge.

Als wir in der großen Stadt ankommen, müssen wir erst einmal zwei Runden drehen, bis wir den Campingplatz finden, denn wie üblich gibt es mal wieder keine Schilder. Dank der Straßenskizze in unserem Därr-Reiseführer sind wir jedoch schnell auf der richtigen Fährte.

Es ist noch warmer Nachmittag, als wir die Busse abstellen und uns zu Fuß auf den Weg in die Stadt machen, um die Kasbah Taourirt zu besichtigen. Es fällt uns nicht schwer, uns in den vielen Räumen des großen Gebäudes zu verlaufen. Auf den einzelnen Türmchen haben Störche ihre Nester gebaut – es ist beeindruckend, die großen Vögel aus der Nähe zu betrachten.

Viel später gehen wir zurück zum Campingplatz und nach einer wohltuend kochend heißen Dusche fange ich an, unser Gemüse zu kochen. Auch bei den Schweizern gibt es Gemüsepfanne.

Heute Abend können wir wieder zusammen draußen sitzen, da die Temperaturen wieder angenehmer sind. Ein fast voller Mond steht am Himmel, als wir uns in unsere Betten zurückziehen. Auffallend ist ein großer Schimmerkreis um den Mond, der wohl durch die sandhaltige Luft entsteht.

Kurz vor dem Einschlafen sehe ich durchs Fenster, wie die Campingplatzkatzen den Abwasch für die Schweizer unter deren Bus erledigen.

 

 

 

  

9 Januar ´09, Freitag

Zagora

Auch heute morgen lassen wir uns Zeit mit dem Aufstehen, wir warten auf den Sonnenaufgang – doch leider warten wir ziemlich lange vergeblich! Die Sonne bleibt hinter dichten Wolken verborgen und irgendwann müssen wir auch ohne aufstehen. Wir frühstücken mal wieder zwischen den Bussen und fahren relativ früh los. Unser Weg führt uns heute weiter in Richtung Süden, den richtigen Ausgang aus der Stadt finden wir relativ einfach. Wieder müssen wir über einen Höhenzug fahren und von der Passhöhe haben wir eine herrliche Aussicht auf die Berge des Hohen Atlas.

Kurz vor Agdz wollen wir einen Abstecher zu den „cascades du Tizgui“ machen. Die schlechte Piste führt über 8 Km von der Hauptstrasse weg, wir kommen aber relativ zügig voran. Die Koordinaten vom „Därr“ helfen uns, bei den Abzweigungen die richtige Entscheidung zu treffen, und nach viel Staub kommen wir auf dem kleinen Parkplatz an.

Omar, der Hüter der Wasserfälle, erwartet uns Touristen schon am Parkplatz. Von hier aus geht es zu fuß auf einem Felsenpfad zum Draa-Fluß hinunter, dann landen wir im Paradies!

Der kleine Fluss durchfließt hier einen schmalen Canyon, rechts und links vom Bach ragen steile Felswände nach oben, üppig bepflanzt. Hier und da kommt das Wasser über Felsstufen hinabgefallen, klar und kalt.

Omar läd uns zum Teetrinken ein, wir bleiben eine zeitlang, wandern den Canyon entlang und machen Fotos. Im oberen Teil der Schlucht muss man schon richtig die Felswände hochklettern, um dem Bachlauf zu folgen, die Wasserpassagen können wir oft auf Steinen überqueren. Ab und zu geht es auch barfuss durch die Fluten, kein Vergnügen bei dem eiskalten Wasser.

Viel später verabschieden wir uns dann von Omar und fahren weiter. Zuerst versuchen wir die Pistenvariante direkt nach Agdz zu finden, doch leider haben Regenfälle den Weg so ausgeschwemmt, dass ein Durchkommen für uns nach einigen Kilometern unmöglich wird. Wir müssen umdrehen und die 8km zur Hauptstraße zurückfahren.

Das ehemalige Karawanendorf Agdz ist schnell durchquert, dann geht es auf eher eintöniger Strecke weiter in den Süden. Kurz vor der Stadt Zagora können wir noch einmal mit der VISA-Karte auftanken, das Kartenlesegerät ist zwischen den Zapfsäulen in einem Blechkasten untergebracht. Unseren ausgesuchten Campingplatz, den „Camping Jardin du Zagora“, finden wir ziemlich schnell. Nach Tee und Einchecken fahren Peter und ich mit den Rädern auf Erkundungstour, Robert und Nadine wollen auf dem Platz bleiben und entspannen.

Wir fahren durch die Stadt zu dem Verkehrskreisel, in dem das bekannte „Tombouctou“-Schild steht, das noch aus der Karawanenzeit stammt und für die Touristen regelmäßig aufgefrischt wird. Von dort aus radeln wir runter ins Draa-Tal. Nachdem wir erfolgreich Brot und Mandarinen gekauft haben, radeln wir in der untergehenden Sonne zurück zum Campingplatz.

Der große Platz ist relativ leer, auch hier im Süden sind im Moment nicht sehr viele Touristen. Während wir kochen, haben wir mal wieder zwei sehr zutrauliche Campingkatzen, die sich wie überall in Marokko auch über Nudeln freuen können.

Wir sitzen noch lange zwischen den Bussen zusammen, in der Nähe wird irgendwo Musik gemacht und gesungen. Das Wetter ist mittlerweile seit Tagen trocken, über uns steht ein fast voller Mond und es ist lange nicht mehr so kalt wie in den vergangenen Tagen.

 

 

 

 

10. Januar ´09, Samstag

M´Hamid

Heute morgen lassen wir uns mal wieder mit dem Aufstehen Zeit, denn auch die Sonne hat es heute morgen nicht so eilig. Unsere Schweizer gehen es noch langsamer an – wir sind schon seit über einer Stunde vor unserem Bus mit anderen Reisenden am sprechen, als die gelbe Schiebetür knirschend aufgeht. Der Sand ist mittlerweile in allen Ritzen, auch bei uns knirscht alles!

Unsere Nachbarn sind aus Lörrach. Ein betagtes Rentnerehepaar (er ist 84!), das mit seinem Allrad-Sprinter unterwegs ist. Wir unterhalten uns lange über Straßen und Pisten, die auch für uns gut fahrbar sind. Als die beiden zum Wandern aufbrechen, fangen wir endlich mit dem Frühstück an.

Auch unsere beiden Campingkatzen bekommen eine Schale Milch von uns. Unsere Mahlzeit dauert heute etwas länger, da sich hier die Wege mit den Schweizern trennen. Die beiden haben zehn Tage länger Zeit und wollen das Ganze jetzt langsamer angehen, wir wollen weiter in den Süden fahren. Irgendwann sind wir dann aufbruchbereit und verabschieden uns ganz herzlich von Lörrach und der Schweiz.

Den Weg in Richtung Süden finden wir ohne Probleme, da wir die Strecke am Vortag ja schon geradelt sind. Kaum 30 Km südlich von Zagora treffen wir dann auch schon wieder auf die ersten Dünen – es wird deutlich sandiger und die bisher perfekte Asphaltstraße schrumpft auf zwei Meter Bandbreite zusammen.

Bei Gegenverkehr muss jeweils die Hälfte jedes Fahrzeugs auf den Randstreifen ausweichen – das funktioniert wider Erwarten auch bei 100 Km/h noch ohne größere Probleme.

Je tiefer wir in den Süden vordringen, desto schlechter wird es mit dem Wetter: es fängt an zu regnen! Unseren ursprünglichen Plan, 10 Kilometer vor M´Hamid auf dem Campingplatz zu bleiben und mit den Rädern weiter zu fahren, lassen wir im Wasser versinken und ziehen die trockenere Alternative vor.

Die große Oase hat 8000 Einwohner. Die Türen der traditionellen Häuser sind aus Dattelpalmenholz gefertigt. Die Frauen sind von Kopf bis zu den Füssen in dunkelblaue Baumwolltücher gehüllt. Die Sandwogen wandern und begraben verlassene Häuser und Palmen.

Als in M’Hamid ankommen, wählen wir uns aus Unterkunft „M´Hamid Oases“ aus, unser Gefährt muss erst die Sandprüfung bestehen, um überhaupt dort hinzukommen. Im Regen parken wir unter Dattelpalmen, werden sehr freundlich empfangen und verschwinden erst mal zum Tee im gemütlichen Lehmhaus unseres Gastgebers. Schnell gesellt sich dessen Bruder hinzu, wir trinken in der nächsten Stunde sehr viel Tee und reden über alles mögliche. Die beiden versuchen, uns die Interessen und Nöte der Tuareg klarzumachen.

Als wir unserem Gastgeber über die Weihnachtsmarkt-Kinderkrebshilfe-Aktion berichten, möchte er uns helfen. Er sagt, seine Mama hätte sehr viel Schmuck, von dem sie sich teilweise trennen möchte – nach kurzer Rücksprache könnte er ein Treffen organisieren.

Wir vereinbaren 18.00 Uhr und ziehen uns dann in den Bus zurück, schauen dem Regen zu und vertreiben uns die Zeit mit Spielen, Essen und Trinken. Pünktlich um 18.00 Uhr steht Mohammed vor unserem Bus, sein Bruder fährt uns mit seinem Auto zum Wohnkomplex der Familie.

Etwas überrascht steigen wir ein und die Fahrt geht quer durchs Dorf, bis wir vor einer schweren, großen Holztür anhalten. Hinter der hohen Lehmmauer stehen mehrere Häuser – hier wohnt die ganze Familie. Wir werden in einen mit Teppichen ausgelegten Wohnraum geführt, in dem wir uns an einem niedrigen Holztisch auf Sitzkissen niederlassen. Hier erklärt man uns, dass die Sippe eigentlich direkt aus der Sahara stammt, wegen dem noch immer herrschenden Krieg aber wegziehen musste und sich hier an der marokkanischen Grenze eine neue Existenz aufgebaut hat.

Wieder gibt es Tee, nach und nach kommen verschiedene Familienmitglieder in den Raum, um uns kennenzulernen. Schließlich kommt auch die Mama der Familie, die aber kein Französisch kann, mit einem Haufen in ein Tuch eingebundenen Schmuck. Der Sohn übernimmt die Verhandlungen. Die genannten Preise sind sehr fair, wir kaufen Sachen ein, die für den Weihnachtsmarkt bestimmt sind, aber auch ältere Schmuckstücke, die nicht weiterverkauft werden.

Nach unendlich viel starkem Tee verabschieden wir uns und werden wieder zurück zum Camp gebracht. Aus dem Gespräch hat sich ergeben, dass auch Mohammeds Familie viel für ihren Volksstamm tut. Sie sammeln Rollstühle und Kleidung für die armen Familien, unterstützen diese mit Geld, wenn nötig, und haben ein sehr offenes Weltbild. Der angebotene Tee hat nichts mehr mit marokkanischem Minztee zu tun, erinnert uns eher an die Sitte der Tuareg in Mali.

Es ist schon spät und auch dunkel, als wir endlich zum Camp zurückkommen. Mittlerweile hat es aufgehört zu regnen, ein großer Vollmond steht über unserem Bus zwischen den zahlreichen Dattelpalmen. Da das Wetter nicht so ganz mitgespielt hat, sind wir ganz alleine im Camp. Früh ziehen wir uns in den Bus zurück und genießen einen ruhigen Abend, bevor wir ins Bett gehen. In der Nacht werde ich ein paar Mal wach, da Windböen den Bus schütteln.

 

 

 

11. Januar ´09, Sonntag

Tasla

Es ist noch immer sehr windig, als wir heute morgen wach werden. Die großen Pfützen von gestern sind fast vollständig im Sand eingezogen, wir können draußen frühstücken. Wir wissen noch nicht so ganz genau, wo wir heute hin wollen – nachdem wir uns verabschiedet haben, fahren wir einfach mal los.

Es ist noch immer bewölkt, aber relativ trocken und sehr windig. Unterwegs entscheiden wir uns dazu, an die Judendünen zu fahren – irgendwo 6Km abseits von der Hauptstraße. Dank GPS finden wir auch die unbeschilderte Piste, dann geht’s ab ins Gelände.

Zuerst ist die Straße noch gut zu erkennen, dann macht uns Flugsand das Leben schwer. Dichter Sand wird im Wind über den Boden getrieben , so dass wir immer erst im letzten Moment den genauen Verlauf der Piste erkennen können. Die Steintürmchen, die normalerweise die Orientierung erleichtern, können wir im dichten Sand kaum sehen. Ab und zu unterbrechen tiefe, sandige Rinnen die Piste, für den Bus eine echte Herausforderung, denn langsam können wir durch den weichen Sand nicht fahren, die schnelle Fahrt bringt unsere Inneneinrichtung gehörig durcheinander.

Nach 6 ziemlich abwechslungsreichen Kilometern sind die Judendünen endlich erreicht. Die letzten paar hundert Meter fahren wir einfach auf die nun erkennbaren Nomadenzelte am Fuß der Dünen zu, denn hier sind so viele Spuren im ebenen Sand, dass der Verlauf der eigentlichen Piste unmöglich zu erkennen ist.

Ebenso unmöglich ist es uns fast, aus dem Auto auszusteigen. Der Wind stürmt kalt über die ebene Fläche und führt Unmengen von Sand mit sich, der auf der Haut wehtut. Völlig vermummt steigen wir dann doch aus – meine Digitalkamera sicher im wasserdichten Beutel verstaut. Während wir uns zu den Dünen durchkämpfen, kommt ein Nomade zu uns und erzählt uns, dass hier ohne den Regen normalerweise ein ausgewachsener Sandsturm toben würde. Beeindruckt gehen wir weiter – fast genauso in unsere Kleidung eingewickelt wie die Einheimischen.

Wir klettern auf die große Düne und bekommen dann von unserer Begleitung die Nomadenzelte gezeigt, in denen üblicherweise die geführten Touristengruppen übernachten, dann verabschieden wir uns und suchen den Weg zurück zur Hauptstraße, denn bei dem Wetter lohnt es sich nicht, hier zu verweilen.

Mittlerweile hat der Wind etwas nachgelassen und die Orientierung fällt leichter. Als wir dann wieder Asphalt unter den Reifen haben, geht es zügig weiter nach Norden. Unterwegs machen wir noch eine Puddingpause, dann fahren wir weiter, bis wir das Örtchen Tamegroute erreicht haben.

Der Ort Tamegroute ist wegen seiner grün glasierten Töpferware bekannt. Die Handwerker sitzen in Erdhöhlen und formen die Töpfe mit der Hand.

Auch wir sind neugierig auf die Keramik und halten in einem der Läden an. Wie überall im Süden Marokkos wird auch hier sofort Tee und Schmuck ausgepackt und wie überall sehen wir uns die Sachen genau an. Leider gehen unsere Preisvorstellungen ziemlich auseinander – mal wieder wird mir vorwurfsvoll nachgesagt, ich würde handeln wie eine Berberfrau.

Letztendlich bekommen wir Schmuck und Keramik zu einem Preis, der auch unseren Vorstellungen entspricht. Wir verabschieden uns freundlich, es werden noch Höflichkeitsgeschenke ausgetauscht, dann fahren wir weiter.

Im Dörfchen Agdz biegen wir dann auf einer kleineren Straße in Richtung Westen ab. Unsere Strecke führt nun durch eher karge Steinlandschaft immer weiter in Richtung Meer.

Beim kleinen Ort Tasla finden wir dann eine Übernachtungsmöglichkeit im privaten Olivenhain hinter einer Steinmauer. Außer uns stehen hier schon Franzosen und nachdem wir uns niedergelassen haben, kommt ein großes Wohnmobil mit Tübinger Autokennzeichen, das wir nun schon öfters gesehen haben – zum letzten Mal in M´Hamid.

Umso erstaunter sind wir, als die Insassen uns auf Englisch ansprechen. Die Australier haben sich vor Jahren in Deutschland ein Wohnmobil angeschafft, um von dort aus den europäischen und den afrikanischen Kontinent besser erkunden zu können. Das ältere Paar lebt eher zurückgezogen – während er uns mit Nachrichten und Wetterbericht aus dem Internet versorgt, bekommen wir von seiner Frau Betty nichts zu sehen.

Nach einem kühlen Abendessen zwischen Olivenbäumen ziehen wir uns früh in den Bus zurück und verkürzen den langen und dunklen Abend mit Spielen.

Es ist erst halb zehn, als wir das Licht ausschalten – im Auto ist es noch immer ziemlich hell durch den Vollmond.

 

 

 

 

12. Januar ´09, Montag

Marrakesch

Heute morgen werden wir seit langem mal wieder durch Sonnenschein und Wärme geweckt. Misstrauisch öffnen wir die Schiebetür einen Spalt und blicke tatsächlich auf einen strahlend blauen Himmel. Diesmal wird draußen in der Sonne gefrühstückt! Unsere französischen Nachbarn diskutieren gerade mit dem Besitzer des Olivenhains über den Preis für die Übernachtung – das haben wir schlauerweise schon gestern abend geklärt. Da wir kein arabisch können, halten wir dem älteren Mann einfach 40 Dirham hin, verabschieden uns freundlich und rollen vom Platz – Peter auf dem Beifahrersitz, da er Probleme mit seinem rechten Knie hat.

Die Strecke führt uns durch eine landschaftlich sehr schöne Berggegend, auf der schmale asphaltierten Straße ist nur für ein Auto Platz. Bei Gegenverkehr muss jeder mit zwei Rädern in den Dreck ausweichen, dabei gut auf die Abbruchkante des Asphalts achten, die teilweise 20 cm hoch ist!!

Je näher wir dem Hohen Atlas kommen, desto weißer werden auch die Berggipfel um uns. Als wir unzählige Kurven später zum Tiz-n-Tichka Pass kommen, landen wir wieder im Winter. Rechts und links von der Straße liegt hoch aufgetürmt der Schnee, die Strecke ist aber gut geräumt. Hier springen uns nun überall Mineralienverkäufer in den Weg, die uns rote und lilafarbene Drusen verkaufen wollen – für nur 100 Dirham das Stück!

Wir lehnen freundlich ab und rollen weiter in Richtung Norden. Die Nordseite des Hohen Atlas treibt mir Schweißperlen auf die Stirn – hier ist die sehr kurvige Straße nicht schneefrei und durch die nicht vorhandenen Leitplanken kann man in den Serpentinen sehr weit nach unten blicken. Todesmutig fahre ich die ganze Strecke, ein Adrenalinstoß jagt den anderen.

Kurz vor Marrakesch kommt es dann doch zu einem Fahrerwechsel, da ich mit der Orientierung im Stadtverkehr mehr Übung habe. Es gelingt uns diesmal ohne Probleme, den Campingplatz am anderen Ende der Stadt zu finden – wir sind stolz auf uns!

Diesmal herrscht auf dem Platz weniger Betrieb als bei unserem letzten Besuch – der hintere Teil des Platzes liegt komplett brach! Wir finden einen schönen Stellplatz zwischen unzähligen Pfauen auf dem Platz, innerhalb weniger Minuten stehen die Vögel dicht um den Bus gedrängt, um im Inneren nach Essen zu suchen!!

Nach einer heißen Dusche nehmen wir das Campingplatz-Taxi, um in die Stadt zu fahren. Die Sonne ist gerade am Untergehen, als wir am Djeema-el-fna – dem Zentrum von Marrakesch – ankommen. Hier herrscht Treiben, hier pulsiert das Leben. Wir wandern von der Moschee zwischen den vielen Pferdekutschen hindurch und kommen schnell ins Zentrum des Geschehens.

Schlangenbeschwörer, Akrobaten, Geschichtenerzähler, Wasserträger und Musikanten – hier kommt jeder hin, der etwas zu bieten hat und etwas geboten haben will. Auf der anderen Seite des Platzes tauchen wir schnell in die dunklen Gassen ein, die durch die Souks von Marrakesch führen. Die Verkaufsstände stehen sehr dicht und Menschenmassen schieben sich durchs Halbdunkel – Orientierung ist hier fast nicht möglich, so dass wir versuchen, in der Nähe des Platzes zu bleiben.

Natürlich versuchen alle Händler, uns in ihre Läden zu locken, doch wir bleiben relativ standhaft – bis auf 4 Lederkamele, denen ich nicht widerstehen kann!

Irgendwann später im Dunkeln setzen wir uns auf eine Dachterrasse, um die Atmosphäre des Platzes zu genießen und die Abendstimmung als Foto festhalten zu können. Für zwei Tees bezahlen wir 30 Dirham – wahrscheinlich Fotogebühr inklusive.

Da wir unser Camping-Taxi erst für 21.00 Uhr bestellt haben, bleibt uns noch viel Zeit, um noch einmal ausgiebig in die Souks einzutauchen. In einem Internet-Café versuchen wir Kontakt mit Deutschland aufzubauen, doch leider ist das System überlastet, wir müssen aufgeben.

Als wir zum vereinbarten Treffpunkt bei der Moschee eilen, ist unser Taxi schon da. Wir genießen es, entspannt durch das Verkehrschaos von Marrakesch chauffiert zu werden, diesmal können wir uns das Treiben ansehen, ohne hochkonzentriert sein zu müssen.

Es ist schon nach halb zehn, als wir endlich auf dem Campingplatz ankommen. Die Autos um uns herum sind alle schon in Dunkelheit versunken. Wir brauchen nichts mehr zu kochen, da wir uns eben schon auf dem Djema-el-fna mit Fleischspießen satt gegessen haben. Der Rest des Abends verläuft eher ruhig, wir lesen beide.

 

 

 

13. Januar ´09, Dienstag

Marrakesch

Heute morgen lassen wir uns mal wieder mit dem Aufstehen zeit, denn wir wollten sowieso den ganzen Tag in Marrakesch verbringen. Die Sonne geht gerade über den Orangenbäumen auf, als ich den Kaffee koche. Zum Frühstück setzten wir uns nach draußen – es gibt heute echtes Baguette!

Schon bald gesellen sich Pfauen, Katzen und ein Hund zu uns, in der Hoffnung, etwas vom Frühstück abzubekommen. Etwa eine Stunde später sind wir mit dem Frühstücken fertig – zur vollsten Zufriedenheit aller Beteiligten.

Während Peter spült, verschwinde ich in der Waschecke, um unseren Kamelhocker – das Schmutzwäschedepot – mal wieder zu leeren. Beim Waschen komme ich mit einer älteren Wohnmobil-Französin ins Gespräch, die neidisch auf die Geländegängigkeit unseres Fahrzeugs ist. Eine Atlasüberquerung war ihnen in diesem Jahr wegen des schlechten Wetters nicht vergönnt.

Eine Stunde später ist unser Domizil von einer langen Wäscheleine umrahmt. Wir verbringen den Rest des Vormittags mit Boule-Spiel, erklären auch einer älteren „Hymerin“ das Spiel, die dann begeistert einige Runden mit uns spielt. Zwischendurch müssen wir immer wieder aufpassen, dass unsere Kugeln nicht die unzähligen Pfauen treffen, die mittlerweile unseren Frühstücksplatz umringen.

Für ein schnelles Mittagessen bleibt uns gerade noch Zeit, denn wir haben für 12.00 Uhr das Taxi bestellt, das uns wieder in die Stadt bringen soll. Schon seit Tagen besteht unser Essensplan hier nur aus Frühstück und Abendessen, es bleibt einfach keine Zeit, noch eine weitere Mahlzeit einzuschieben.

Als wir kurz nach Mittag auf den Djeema-el-fna ankommen, sind wir erstaunt, hier nur so wenig Touristen anzutreffen. Wir scheinen sehr zielstrebig unterwegs zu sein, denn keiner der unzähligen Touristenführer spricht uns an, als wir über den Platz gehen.

Heute haben wir vor, für den Weihnachtsmarkt einzukaufen. Wir sind schon auf intensives Handeln eingestellt, das merken auch die Händler schnell. Mal wieder wird mit nachgerufen, wie eine Berberfrau zu handeln – wir sind uns nicht im Klaren, ob dies als Beschimpfung oder Kompliment gemeint ist.

Immer wieder werde ich auf das Kreuz des Südens hingewiesen, das ich seit Gorom-Gorom um den Hals hängen habe. Die Händler wollen immer wieder wissen, wo ich es herhabe und bewundern die Arbeit.

Unsere Einkäufe ziehen sich in die Länge und oft sind wir schon am Weggehen, wenn uns die Händler dann nachlaufen und auf den von mir genannten Preis eingehen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass man die Ware hier auch für 25% des genannten Preises bekommt, wenn auch nur äußerst ungern. Das viele Handeln macht müde, und wir setzten uns bald in ein Café am Rande des Platzes. Von hier aus können wir in aller Ruhe das Treiben beobachten, es ist jetzt 16.00 Uhr und die Leute fangen an, die Garküchen für den Abend auf dem Platz aufzubauen. Öfters fahren Pferdekutschen an uns vorbei, ab und zu kommt ein Bettler und fragt nach einem Dirham. Irgendwann fällt uns dann auch ein, dass wir ja noch Geld wechseln wollten, und wir machen uns eilig auf den Weg. Es ist schon nach 16.00 Uhr, alle Banken und Wechselstuben haben schon dicht gemacht, wie wir mittlerweile schon aus Erfahrung wissen. Langsam machen wir uns auf den Weg zur Moschee, denn wir haben das Taxi zum Campingplatz für 16.30 Uhr bestellt. Nach einer afrikanischen Wartezeit steigen wir ein, dann geht es durch das Verkehrschaos zurück zum Camp. Für ein paar Runden Boule bleibt uns noch Zeit, dann geht auch schon die Sonne unter. Wieder gibt es Abendessen für Mensch und Tier, dann wird es wieder dunkel und kalt und wir ziehen uns in den Bus zurück. Auf dem Platz ist es mittlerweile ziemlich voll geworden, fast alle Stellplätze sind im vorderen Teil belegt. Als wir uns schlafen legen, funkeln draußen alle Sterne Marokkos am Himmel.

  

 

 

14. Januar ´09, Mittwoch

Cascades d’Ouzoud

Auch heute morgen geht die Sonne um 8.00 Uhr an einem klaren Himmel auf. Wir lassen uns fürs Frühstück so lange Zeit, bis es auch draußen auf dem Platz warm geworden ist. Wie mittlerweile schon gewohnt, teilen wir unser Essen mit Hunden, Katzen und Pfauen. Wir kommen mit unseren französischen Nachbarn ins Gespräch, es geht um das übliche woher, wohin uns wie war’s.

Um 10.30 Uhr sind wir startklar und suchen unseren Weg aus Marrakesch nach Osten. In der Stadt werden noch Tank- Und Bankgeschäfte erledigt, dann sind wir wieder unterwegs. Es tut ganz gut, der quirligen Großstadt den Rücken zu kehren und wieder in ländliche Gegenden zu fahren. Unsere Strecke ist heute eher eintönig und nicht nennenswert – wir haben 180 Km zurückzulegen, bis wir die Cascades d’Ouzoud erreichen. Wir nehmen unterwegs erstaunt zur Kenntnis, dass wir heute auf der Straße kein einziges Touristenfahrzeug sehen. Etwa 3 Stunden später haben wir unser Ziel erreicht. Das kleine Bergdorf liegt gut versteckt zwischen den Hügeln. Die Wasserfälle können wir von unserer Straße aus nicht sehen, da wir uns von oben nähern. Zielstrebig steuern wir den von uns ausgesuchten Campingplatz an und müssen feststellen, dass dieser nicht mehr existiert. Wir erfahren, dass vor etwa 2 Monaten eine Flutwelle das Dorf Ouzoud durchspült hat und dadurch der Campingplatz und die Verkaufsstände unterhalb der Fälle nicht mehr vorhanden sind. Der Katastrophe sind Tiere und Wohnwagen zum Opfer gefallen – die Menschen kamen mit Sachschaden davon.

Von einem englischen Pärchen, dass wir schon im Erg Chebbi getroffen haben, erfahren wir, dass der „Camping Zebra“ oben auf dem Berg im Moment die beste Adresse im Dorf ist. Die holländischen Besitzer des Platzes heißen uns herzlich willkommen und erzählen uns, das ihnen unser Zebra-Dachträger schon beim ersten Vorbeifahren aufgefallen ist. Da die Sonne noch hoch steht, brechen wir sofort auf, um die Fälle noch bei bestem Sonnenlicht zu fotografieren. Schon auf dem Dorfplatz werden wir von etlichen Führern angesprochen, die uns den Weg zu den Fällen zeigen wollen. Wir lehnen freundlich ab und gehen weiter.

Der obere Teil des Flusses bietet ein Bild der Verwüstung: die Terrassen des alten Campingplatzes sind komplett weggespült, in den Bäumen hängt fast drei Meter hoch das tote Holz und Müll, der beim Hochwasser mit weggespült wurde. Wir können bis an den äußersten Rand der Wasserfälle spazieren – kein Zaun oder Schild warnen davor, dass es hier plötzlich 100m weiter nach unten geht! Nachdem wir längere Zeit intensiv suchen, haben wir auch die betonierten Treppen gefunden, die zum Fuß der Fälle führen. Die enge Gasse ist hier mit Souvenirläden vollgestopft, man ist ganz auf Tourismus eingestellt – der im Moment aber zu wünschen übrig lässt. Auf dem Weg nach unten sehen wir auch wieder eine Herde Makakiaffen, die hier ziemlich zutraulich auf Futter warten. Unser Weg führt über viele Stufen nach unten. Überall sieht man noch Schlamm liegen, den das Hochwasser zurückgelassen hat. Im unteren Teil der Schlucht gibt es keine intakten Verkaufsstände mehr, hier sehen wir nur noch die Trümmer der Buden.

Der Wasserfall ist sehr schön. In mehreren Stufen stürzt das im Moment braune Wasser nach unten und hat hier mehrere Becken in den felsigen Boden geformt. Die Wände der Schlucht sind interessanterweise nicht felsig, sondern hier hat der Erdboden sandige Formationen gebildet, teilweise mit Moos grün bewachsen. Die Metallbrücke, über die man früher auf die andere Seite des Flusses gehen konnte, gibt es nicht mehr. Statt dessen finden wir unten Fährboote – aus Tonnen und Holz zusammengezimmert. Wir fahren nicht auf die andere Seite, denn der Weg ist sowieso nach 100 Metern weggespült. Auch auf dem langen Rückweg zum Dorf sehen wir nur sehr wenig Touristen, wir bekommen die geballte Aufmerksamkeit der Souvenirhändler.

Später, als wir wieder im Zebra-Camp angekommen sind, treffen wir hier auch die Engländer. Wir sitzen den Rest des Nachmittags zusammen und unterhalten uns mal wieder über Reiserouten, interessante Orte und was jeder schon so alles erlebt hat. Als die Sonne untergeht, wird es sehr schnell dunkel und kalt. Wir gehen ins Wohnzelt der Holländer und können dort auch Internet benutzen.

Die beiden Holländer haben sich hier nun seit zwei Jahren häuslich eingerichtet, denn ihr eigentliches Haus ist noch nicht fertig. Auf dem steinigen Boden sind Teppiche ausgelegt, hier stehen sogar Sofa und einfache Schränke. Es gibt einen großen Tisch, ein freistehendes Waschbecken und ein großes Regal, in dem die Küchenvorräte untergebracht sind. Selbst die Internetverbindung funktioniert hier relativ schnell, im Gegensatz zu Marrakesch.

Als wir später zum Bus zurückgehen, ist es ziemlich kalt. Wir machen unsere „Kühlschrankheizung“ an, die die Temperatur im Bus schnell angenehm werden lässt. Nach zwei Runden Carcassonne legen wir uns schlafen, denn es ist schon spät und wir sind müde.

  

 

 

 

15. Januar ´09, Donnerstag

Meknes

Wieder hat unser Thermometer einen waagerechten Strich vor den Zahlen, als wir um kurz vor 8.00 Uhr wach werden. Wir entscheiden uns, so lange liegen zu bleiben, bis draußen positive Temperaturen herrschen – was aber glücklicherweise kaum eine Viertelstunde später, nachdem die Sonne auf den Bus scheint, schon der Fall ist.

Zusammen mit den Engländern frühstücken wir auf unserer Campingterrasse. Wieder überraschen uns die holländischen Platzbesitzer, indem sie uns zum Frühstück warme, blätterteigähnliche Fladen ans Auto bringen – ein marokkanisches Frühstück mit Honig.

Relativ schnell sind wir mit frühstücken und einpacken fertig, wir bezahlen die Rechnung von 65 Dirham inclusive Internet und rollen zusammen mit den Engländern vom Platz, da wir fast dieselbe Richtung haben.

Es sieht nach Regen aus, wir denken an die Flutwelle und sind ganz froh, das Atlasgebirge mit den engen Tälern zu verlassen. Mal wieder fahren wir im Konvoi – mit wechselnder Führung wegen der Fotopausen.

Im Dorf Air Attab ist Souk; da ich das Fahren in den Dörfern sowieso nicht so mag, bin ich sehr langsam unterwegs, um auf Fahrzeuge, Menschen und Tiere aufzupassen, die einfach auf der Straße rumlaufen – ohne Rücksicht auf den Verkehr. Als wir das Dorf auf der anderen Seite wieder verlassen, sind die Engländer aus unserem Sichtfeld verschwunden. Die schmale, asphaltierte Straße windet sich nun ständig in engen Kurven aus dem Gebirge hinaus in Richtung Küste. Irgendwann finden wir dann auch ohne Hinweisschilder die Hauptstrasse von Fes nach Marrakesch, auf der wir nun weiter nach Osten fahren. In der Stadt Beni Mellal trifft uns dann das große Chaos, weil die Rollen ja vertauscht sind: ich habe mehr Übung darin, Landkarten, Schilder und GPS zu verstehen als Peter, und nachdem wir dann zum zweiten Mal irgendwo im dichten Verkehrschaos gewendet haben, fährt Peter wieder, und ich sage wohin! Schon bald haben wir den Ausgang aus der quirligen Stadt gefunden und sind wieder zügig unterwegs – von den Engländern haben wir nichts mehr gesehen.

Hinter Azrou – das Städtchen durchfahren wir diesmal zum ersten Mal in zwei Jahren ohne Orientierungsprobleme – halten wir in einem kleinen Dorf an, um Wasser, Brot und Gemüse zu kaufen. Als ich aus dem Bus springe, merke ich, dass ich „unauffällig“ angestarrt werde. Ein kleiner Junge macht dies zu offensichtlich und bekommt deshalb eine Ohrfeige. Hier kann niemand französisch, der Verkäufer zeigt mir anhand von Münzen, was ich zu bezahlen habe. Für eine riesige Tüte Obst und Gemüse bezahle ich gerade mal 4 Dirham – das sind etwa 50 Cent! Als wir losfahren, schauen uns die Leute hinterher.

Das Wetter hat sich mittlerweile wieder gebessert und der Himmel über uns ist zumindest teilweise blau. Die großen Pfützen rechts und links von der Strasse würden immer noch reichen, um einen kompletten VW-Bus drin verschwinden zu lassen. Die Tatsache, dass auf den Hügeln noch Schnee liegt, zeigt uns, dass das Wetter in den letzten beiden Wochen nicht gerade sommerlich war.

Es ist noch hell, als wir Meknes erreichen. Da wir uns ja mittlerweile in der Stadt auskennen, finden wir auch den Camping Municipal ohne Probleme. Wir müssen noch nicht einmal den freundlichen Polizisten auf der letzten Kreuzung nach dem Weg fragen – der starrt uns ganz ungläubig nach, als wir ohne zu zögern in den unbeschrifteten Torbogen einbiegen. Hier gibt es ein freundliches Willkommen, der Manager an der Rezeption kennt uns noch vom letzten Mal.

Diesmal ist der Platz fast komplett mit Hymern besetzt – wir finden noch gerade so einen Stellplatz. Mittlerweile haben wir späten Nachmittag und es lohnt sich nicht mehr, noch in die Stadt zu gehen. Was sich aber mittlerweile ganz sicher lohnt, ist eine Dusche. Ich frage nach und finde sogar eine mit warmem Wasser! Ich spüle den Sand der vergangenen Tage von mir und fühle mich anschließend wie neu geboren, was ja auch kein Wunder ist.

Während Peter duscht, fange ich an zu kochen – es gibt mal wieder Reis! Als wir uns zum Abendessen vor den Bus setzen, herrscht schon stockdunkle Nacht und wir benutzen die Kerzenlaterne. Es ist fast unheimlich, dass wir auf dem vollbesetzten Platz kaum Geräusche hören, doch die Hymer-Bewohner haben sich fast alle zum Fernsehen in ihr Domizil zurückgezogen.

Den Rest des heute mal wieder warmen Abends verbringen wir im Bus mit Spielen. Heute können wir sogar auf die Kühlschrankheizung verzichten, denn es sind noch immer +12° draußen, als auch ich mich um 22.00 Uhr ins Bett lege. Ich versuche immer, mich so spät wie möglich hinzulegen, um die Nacht so kurz wie möglich zu halten, denn ich weiß ganz genau, dass nach spätestens 5 Stunden meine „Liegezeit“ überschritten ist.

  

16. Januar ´09, Freitag

Meknes

Um 5.00 Uhr werde ich zum ersten Mal wach, da der Muezzin das Morgengebet von der Moschee ruft. Ich drehe mich um und schlafe weiter, doch leider nicht sehr lange, denn um 7.00 Uhr werden wir zum zweitenmal geweckt – diesmal durch eine Musikkapelle. In der Nähe des Campingplatzes befindet sich eine Kaserne und hier ist es wohl üblich, dass Freitags morgens in der Frühe zum Morgenappell gespielt wird. Das ganze Spektakel zieht sich fast eine dreiviertel Stunde hin, mit Musik und Trommeln. An Schlaf ist nicht mehr zu denken – irgendwann stehen wir dann doch auf.

Draußen ist es zwar stark bewölkt, aber trocken, während wir frühstücken. Gerhard, unser Platznachbar aus Rosenheim, gesellt sich während des Frühstücks zu uns. Er ist gerade in Marokko angekommen, alleine unterwegs und für jeden Tipp dankbar.

Nach dem Essen gehen wir zu Fuß in die Altstadt. Da Freitags ja Sonntag bei den Moslems ist, gibt es heute in den Geschäften nicht viel zu sehen, deshalb bummeln wir einfach nur durch die engen Gassen der Altstadt.

In den alten, engen Gässchen herrscht eine unheimlich gemütliche Atmosphäre. Die braunen Lehmwände werden immer wieder von alten, riesigen Holztüren unterbrochen, ab und zu können wir einen Blick in die großen, bunt bekachelten Innenhöfe der Häuser werfen. In den Gassen spielen Kinder, überall streunen Hunde umher.

Es wird letztendlich ein sehr interessanter Spaziergang, denn vor lauter Gucken verlieren wir schnell den Überblick in den verwinkelten Gassen. Als wir unserer Meinung nach weit genug gewandert sind, müssen wir bei einem Einheimischen nach dem Ausgang aus diesem unüberschaubaren Gassengewirr fragen.

Wir laufen dem Mann fast 10 Minuten lang planlos hinterher, dann stehen wir wieder auf dem großen Platz. Mittlerweile ist es Mittag und wir setzen uns in eines der kleinen Straßenrestaurants, um Tajine zu essen und das Treiben auf dem Platz zu beobachten. Mal wieder werden drei Katzen satt, die sich um das heruntergefallene Fleisch balgen. Nach dem Essen trennen wir uns von Gerhard. Er will mit seiner Videokamera Leute aufnehmen, wir wollen einkaufen gehen.

Leider haben die meisten Geschäfte heute geschlossen, und über Öffnungszeiten gehen die Meinungen hier stark auseinander. Da mir vom vielen Laufen der Fuß weh tut, beschließen wir, zum Campingplatz zu gehen, die Schuhe zu wechseln und dann mit dem Rad zurückzukommen.

Die Strecke ist schnell geradelt, in einer halben Stunde sind wir wieder zurück auf dem Platz, voller Ideen, was wir alles für den Weihnachtsmarkt kaufen wollen. Doch leider werden wir kaum fündig, es ist halt Sonntag und fast alles hat zu. Mit nur 5 Tassen in den Rucksäcken radeln wir zum Campingplatz zurück, froh darüber, wenigstens eine schöne Radtour gemacht zu haben.

Heute abend gibt es Gemüsepfanne mit Reis, für unsere Campingkatze gibt es Salami. Gerhard kommt spät aus der Stadt zurück, nach dem Abendessen sitzen wir bei uns im Bus, da es dort gemütlicher und wärmer ist als draußen. Gerhard fährt einen Fiat Panda – außer Gepäckplatz und Schlafnische ist dort drinnen kein Platz für nichts. Es ist mal wieder kurz vor zehn, als wir die Runde auflösen und schlafen gehen. Peter schläft sofort, ich lese noch eine Stunde. Unser Campingplatz wird noch spät am Abend von einer italienischer Hymergruppe überflutet. Von den vielen Menschen bekommen wir kaum etwas mit, da die sich eigentlich nur in ihren Fahrzeugen aufhalten.

Als ich kurz vor dem Einschlafen aus dem Fenster schaue, ist der Himmel über und fast wolkenfrei. 

 

 

17. Januar ´09, Samstag

Chefchauen

Ich bin heute morgen seit fast einer Stunde am lesen, als Peter endlich wach wird. Es ist viertel nach acht und wir haben heute viel vor. Wir wollen nach dem Frühstück schnell mit den Rädern in die Stadt fahren und dort Sachen für Familie und Weihnachtsmarkt einkaufen.

Mal wieder essen wir mit Gerhard gemeinsam – der hat seinen Urlaub noch vor sich und will heute nach Fes aufbrechen. Heute morgen ist unsere Campingkatze zu den Italienern abgewandert, dort gibt es wohl mehr als Käse und Salami.

Gegen 9.30 Uhr machen wir uns auf den Weg, doch leider funktioniert nichts so, wie wir es eigentlich geplant haben. Wir kommen zwar mit den Rädern schnell und mühelos in die Stadt, so wie wir uns das vorgestellt haben, das ist aber leider der einzige Teil unserer Planung, der passt. Die Marokkaner scheinen mit Gleitzeiten zu arbeiten – es ist zwar schon kurz nach 10.00 Uhr, aber es hat noch kein einziges Geschäft geöffnet.

Wir suchen erst einmal eine unauffällige Ecke für die Räder, dann beginnt der Spießrutenlauf. In etwa wissen wir, was wir kaufen wollen und wo wir es finden, wir laufen von Laden zu Laden und schauen nach, ob schon geöffnet ist. So finden wir zwar langsam aber sicher alles, was wir haben wollen, legen aber dafür eine unheimlich große Strecke zurück und brauchen wesentlich mehr Zeit, als geplant.

Irgendwann haben wir dann doch alles zusammen und gehen zurück zu unseren Rädern, die glücklicherweise noch immer dort sind, wo wir sie abgestellt haben. Nun müssen wir nur noch alles verstauen, dann fahren wir zurück zum Campingplatz. Die Keramik kommt auf die Gepäckträger, die leichten Sachen werden in Tüten an die Lenker gehangen, Kleinteile verschwinden im Rucksack. Wir sind bepackt wie afrikanische Esel und kommen nur sehr langsam voran.

Als wir auf dem Platz ankommen, ist Gerhard noch da, denn auch er hat noch einiges zu erledigen gehabt. Wir stopfen alles in den Bus, die Räder schnell hinten drauf und verabschieden uns dann entgültig. Es ist schon halb zwei, als wir endlich in die Gänge kommen.

Den Weg aus Meknes heraus finden wir diesmal ohne Probleme, wir müssen noch nicht einmal fragen! Nachdem wir den dichten Stadtverkehr hinter uns gebracht haben, geht es zügig nach Norden weiter. Das Wetter meint es heute gut mit uns, wir fahren bei Wärme und strahlend blauem Himmel.

Auch die Ruinen von Volubilis, an denen wir wieder vorbeifahren, sehen heute sehr freundlich aus. Unterwegs halten wir noch einmal an einem Töpferstand an und kaufen uns ein Kohlestövchen für unsere Tajine.

Als wir uns dem Rif-Gebirge nähern, sehen wir, dass auch hier noch Schnee liegt. Mal wieder wollen wir in Chefchauen übernachten – wie auch schon im letzten Jahr auf der Hinreise. Der Campingplatz liegt ganz oben an einem Berghang in einem Pinienwald, und als wir am späten Nachmittag dort ankommen, scheint noch die Sonne.

Im Gegensatz zum letzten Jahr ist der Platz diesmal ziemlich dicht mit Hymern besetzt – normale Autos sind in der Minderheit. Wir stellen den Bus ganz vorne auf der Terrasse „mit Talblick“ ab, dann nutzen wir die letzten Sonnenstrahlen noch für einen kleinen Spaziergang. Weiter rüber auf dem Berg in Richtung Dorf scheint so etwas wie Kirmes stattzufinden – wir sehen Karussells und viele kleine Zelte. Wir wandern bis dort hin und kommen auch schnell wieder zurück: der Boden zwischen den Ständen war wohl ziemlich feucht und durch die ganzen Menschen hat sich ein riesiges Schlammfeld gebildet.

Schnell sind wir wieder zurück am Bus und fangen an zu kochen. Es gibt heute eine interessante Mischung aus Couscous und Spagetti Bolognese, denn unsere Vorräte sind fast komplett aufgebraucht.

Peter legt sich ziemlich früh schlafen, weil er Kopfschmerzen hat, ich verbringe den langen und dunklen Abend mit Lesen. Zum Schlafen ist es mir noch viel zu früh, außerdem dröhnt die marokkanische Kirmesmusik bis zum Campingplatz rüber, zu laut zum Schlafen. Peter steht noch zweimal wieder auf, wegen der Kopfschmerzen, das Aspirin ist irgendwo im Gepäck verschollen. Als die Musik zu ende ist, lege auch ich mich ins Bett.

 

 

 

18. Januar ´09, Sonntag

Valencia

Heute morgen ist es eisig kalt, als wir wach werden – kein Wunder, der Campingplatz liegt ja auch über 1500m hoch. Mal wieder bleiben wir liegen, bis die Sonne auf den Bus scheint und unseren Frühstücksplatz erwärmt. Mal wieder gibt es während dem Essen einen netten Plausch mit den Nachbarn, diesmal Hymer-Norweger, die gerade angekommen sind und wissen wollen, was man sich alles ansehen muss.

Als wir gepackt haben und los fahren, ist es mal wieder 10.00 Uhr. „Packen“ bedeutet in unserem Fall, die ganz großen, sperrigen Sachen von den Vordersitzen nach hinten aufs Bett umzustapeln, um überhaupt fahren zu können.

Chefchauen haben wir schnell hinter uns gelassen, einkaufen können wir auch an den kleinen Straßengeschäften, denn wir brauchen mal wieder Wasser, Gemüse und Brot. Auch an einem größeren Poterie-usw-Laden kommen wir nicht dran vorbei, denn wir haben den Blasebalg für unser Stövchen vergessen. Die einfachen Bälge aus Leder und Holz gibt es hier nicht, wir müssen einen mit Kamelknochen kaufen, denn viele Möglichkeit bis zur spanischen Grenze haben wir nicht mehr.

Wir fahren weiter und erreichen komplikationslos Ceuta – ein spanisches Städtchen auf noch afrikanischem Boden. Es ist 13.45 Uhr, als wir an die Grenze kommen. Die Formalitäten sind erstaunlich schnell erledigt, für 10 Dirham wird ein zusätzlicher Schalter geöffnet. Auch am Zoll gibt es keine Probleme, für unsere doppelte Einreisenummer interessiert sich hier glücklicherweise niemand. Das Fahrzeug wird abgestempelt, der Inhalt scheint uninteressant.

Nach weniger als 5 Minuten haben wir Marokko verlassen und erreichen 50 Meter weiter Spanien. Auch hier interessiert sich niemand für Auto und Gepäck, aber unsere Reisepässe erregen allgemeine Aufmerksamkeit: ungläubig lächelnd wird sich vor allem Peters Foto im Pass angesehen, dann werden sich die ganzen Einreisestempel verschiedener Länder betrachtet, die fast unsere ganzen Pässe ausfüllen. Auch hier können wir relativ schnell weiterfahren.

Im zollfreien Ceuta fahren wir dann kurz vor dem Hafen noch schnell an die Tankstelle, günstiger als 0,70 € wird es nicht mehr!

Um kurz vor 14.00 Uhr erreichen wir den Hafen – viel Zeit bleibt uns nicht mehr vor dem Auslaufen der Fähre. Schnell werden wir durch die ganzen Kontrollen gewunken und rollen als letztes Auto auf die Fähre. Glück gehabt, sonst hätten wir zwei Stunden warten müssen. Das Schiff ist nicht sehr voll: etwa 10 Autos und 40 Personen sind an Bord.

Bei schönstem Sommerwetter durchqueren wir die Straße von Gibraltar, diesmal können wir sogar im T-Shirt draußen stehen. In Spanien machen wir dann nach der obligatorischen Ölstand-Kontrolle einen Fahrerwechsel. Peter ruht sich aus, ich fahre die nächsten 800 Km bis kurz vor Valencia weiter. Die Fahrerei ist angenehm, auf fast leeren Straßen kommen wir zügig weiter nach Norden. Die letzten Kilometer wird das Fahren später ungemütlich, denn starke Sturmböen drängen den Bus immer wieder fast von der Straße.

Kurz vor Valencia gebe ich dann auf und wir fahren auf einen Rastplatz zum Schlafen. Es ist sehr stürmisch – ich brauch lange, bis ich endlich eingeschlafen bin, denn starke Böen schütteln den Bus immer wieder und ständig fliegt irgendwas außen gegen das Blech.

 

 

19. Januar ´09, Montag

Montelimar

Als wir heute morgen um 8.00 Uhr wach werden, steht die Sonne über dem Meer. Wir kaufen noch schnell Baguette und Milch, dann geht es auch schon los. Die erste Etappe bis Barcelona bin ich am Fahren, denn es geht nur über die Autobahn und die Strecke kennen wir auch schon ohne Landkarte. Ab Frankreich gibt es dann einen Fahrerwechsel, denn wir wollen nur Landstraße fahren und ich habe die bessere Orientierung beim Kartenlesen. Dadurch, dass Mautgebühren entfallen, sparen wir über 150 €. Natürlich benötigen wir mehr Zeit, um uns durch die ganzen Verkehrskreisel zu kämpfen – erschwerend kommt hinzu, dass unsere Scheinwerfer durch unsere Wasserdurchfahrt arg lädiert sind, wir sind im Blindflug unterwegs!

Glücklicherweise haben die französischen Großstädte eine vorbildliche Beschilderung, selbst in Montpellier fällt uns die Orientierung leicht.

Je weiter wir nach Norden kommen, umso kälter wird es, ab Avignon kommt auch noch Regen dazu! Haben wir noch vor einer Stunde das Mittelmeer bei schönstem Wetter erlebt, so fahren wir nun in den dunklen, nebligen und nassen Norden.

In Pont du Gard machen wir Pause und kochen uns Couscous, dann geht es noch bis kurz vor Montelimar weiter, ehe wir entgültig kapitulieren. Es ist kurz vor halb zehn, als wir eine Übernachtungsmöglichkeit abseits der Straße suchen und spontan auch finden. Der Parkplatz mit Toilette ist gut hinter Büschen versteckt und außer uns steht hier nur noch ein alter Reisebus mit schweizer Nummer, der zum Wohnmobil umgebaut ist.

Ich lese noch eine halbe Stunde, während der Regen aufs Dach trommelt, dann lege auch ich mich schlafen.

 

20. Januar ´09, Dienstag

Saarhölzbach

Als wir heute morgen wach werden, ist auch das Wetter wieder freundlich. Nach einem kurzen Frühstück rollen wir weiter. Um weiter Autobahnmaut einzusparen, haben wir uns dazu entschieden, über Land durch die Schweiz zu fahren. Erstaunt stellen wir unterwegs fest, dass in den französischen Alpen um diese Jahreszeit noch Winter ist. Je weiter wir fahren, desto höher werden die Schneewände auf beiden Straßenseiten, und nur dem intensiven Einsatz der französischen Schneefräsen haben wir zu verdanken, dass wir ohne größere Schwierigkeiten die Schweiz erreichen. Im Vorbeifahren betrachten wir staunen einen sehr winterlichen Mont Blanc, dann wenden wir uns nach Norden.

Gegen Nachmittag fahren wir wieder über die französische Grenze, durchqueren die schneefreien Vogesen und nähern uns mit riesigen Schritten der Heimat. Wir finden es fast schade, schon wieder nach Hause zu kommen, denn mal wieder geht ein wunderschöner Urlaub zu Ende.

Am Abend hat uns die Heimat wieder. Einerseits sind wir froh, das Nomadenleben der letzten dreieinhalb Wochen beenden zu können, andererseits fehlt uns jetzt schon die Gemütlichkeit des Busses.

Wir sind uns mal wieder sicher, nicht zum letzten Mal in Afrika gewesen zu sein, auch wenn der nächste Urlaub uns in den hohen Norden führen soll...